Zi: Kritik des Bundesrechnungshofs an Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen trifft auf Unverständnis

Der Bundesrechnungshof hat in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags Regelungsinhalte des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) kritisiert, insbesondere die Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen. Hierzu erklärt der Vorstandsvorsitzende des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Dr. Dominik von Stillfried:

„Offenbar ist dem Bundesrechnungshof entgangen, dass sich die Ausgaben für die ärztliche Versorgung auch aufgrund des sinkenden Anteils der extrabudgetären Vergütung gegenüber den Einnahmen der GKV unterproportional entwickeln. Das ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass auch bei vielen entbudgetierten Leistungsbereichen keine relevanten Mengenentwicklungen zu beobachten sind. So sind etwa die Fallzahlen in der Kinder- und Jugendmedizin 2023 trotz Entbudgetierung um 1,7 Prozent gesunken.

Der Bundesrechnungshof verkennt zugleich die abschreckende Wirkung der bestehenden Vergütungsregelungen auf die Niederlassung und deren Einfluss auf die Niedergelassenen, den Praxisbetrieb vorzeitig aufzugeben. So hat eine Zi-Umfrage im Dezember 2023 ergeben, dass über 60 Prozent der niedergelassenen Ärzte- und Psychotherapeutenschaft darüber nachdenken, vorzeitig aus der Patientenversorgung auszusteigen. Bereits in den letzten fünf Jahren haben wir acht Prozent der Praxisinhaberinnen und -inhaber verloren. Aufgrund der spezifischen Altersstruktur erwarten wir in den nächsten Jahren massive Praxisschließungen. Fehlen diese Praxen, können dort auch keine jungen Ärztinnen und Ärzte mehr angestellt werden, um sich in die ambulante Versorgung einzuarbeiten. Wen wundert es, dass immer mehr ältere Niedergelassene ihre Tätigkeit reduzieren oder die Praxis sogar schließen? Die Forderung der Praxen, dass die Leistungen, die sie zur Versorgung der gesetzlich Versicherten erbracht haben, auch voll bezahlt werden, gehört damit zum absoluten Minimum einer Ermöglichungspolitik.

Vor diesem Hintergrund tragen Einschätzungen wie die des Bundesrechnungshofs aktiv dazu bei, dass es in Zukunft immer schwieriger für Patientinnen und Patienten wird, zeitnah Arzttermine zu bekommen. Denn die Ärztinnen und Ärzte reagieren darauf, indem sie von Jahr zu Jahr weniger Arbeitszeit für die medizinische Versorgung bereitstellen. Dies wird durch mehr Vorschriften, die den negativen Effekten pauschalierter und budgetierter Vergütungen entgegenwirken sollen, nicht aufgehalten. Änderungen sind erst zu erwarten, wenn die Rahmenbedingungen für Mehrleistung stimmen. Dies zeigen Befragungsergebnisse des Zi zur Berufszufriedenheit und -perspektive niedergelassener Ärztinnen und Ärzte in den letzten Jahren und Monaten immer deutlicher. Entbudgetierung ist eine Mindestvoraussetzung, aber keine ausreichende Veränderung der Rahmenbedingungen, damit wieder mehr Ärztinnen und Ärzte die Niederlassung wählen und ihren Patientinnen und Patienten mehr Lebenszeit zur Verfügung stellen. Der Bundestag muss den Bericht des Bundesrechnungshofs daher richtig einordnen.“

Quelle: Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland Stiftung des bürgerlichen Rechts, Pressemitteilung vom 04.09.2024