BGH: Verurteilung eines Hamburger HNO-Arztes wegen Körperverletzung mit Todesfolge rechtskräftig
Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Hamburg verworfen. Dieses hat den Angeklagten am 8. Juni 2023 wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 440 Euro verurteilt und zugleich ausgesprochen, dass die Geldstrafe zur Entschädigung für eine überlange Verfahrensdauer in voller Höhe als vollstreckt gilt.
Nach den Feststellungen des Landgerichts führte der Angeklagte als HNO-Arzt in seiner Praxis ambulante Operationen durch. Am 14. März 2007 nahm er bei dem neunjährigen Sohn der Nebenkläger eine Laserconchotomie (operative Verkleinerung der Nasenmuschel) vor. Nach dem komplikationslos verlaufenen Eingriff wurde der narkotisierte Patient im Aufwachraum in stabile Seitenlage verbracht. Als der Angeklagte nach zehn Minuten das nächste operierte Kind in den Aufwachraum brachte, stellte er fest, dass der Sohn der Nebenkläger nicht mehr atmete. Obwohl ihm zunächst noch eine Reanimation gelang und der Patient mit dem Hubschrauber in eine Klinik verbracht wurde, verstarb das Kind eine Woche später an einer durch Sauerstoffmangel ausgelösten schweren Hirnschädigung. Ursache war eine bei derartigen Eingriffen häufig auftretende Blutung, welche die Atemwege des Kindes verstopft hatte. Da wegen der noch wirkenden Narkose der Hustenreflex unterdrückt war, hatte dies zum Atemstillstand geführt. Bei Einhaltung der seinerzeit geltenden ärztlichen Standards wäre der Tod des Patienten vermieden worden. Hierzu hätte unter anderem gehört, die Sauerstoffsättigung des Blutes durch Verwendung eines sogenannten Pulsoxymeters laufend zu kontrollieren. Zudem wäre erforderlich gewesen, das Atmen des Kindes lückenlos durch geschultes Personal überwachen zu lassen. Diese Vorkehrungen wurden in der Praxis des Angeklagten, wie ihm bekannt war, zur Tatzeit jedoch regelmäßig und auch im Fall des Sohnes der Nebenkläger unterlassen.
Das im April 2007 eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten wurde im Folgejahr zunächst nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Im Jahr 2011 wurde es aufgrund einer Strafanzeige wieder aufgenommen und 2013 erneut eingestellt, nunmehr gemäß § 153a Abs. 1 StPO gegen eine Geldzahlung von 5.000 Euro. Zur Anklageerhebung gegen den Angeklagten kam es erst 2021, nachdem das Bundesverfassungsgericht zwischenzeitlich zweimal Entscheidungen des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg aufgehoben hatte, mit denen dieses das von den Nebenklägern 2014 angestrengte Klageerzwingungsverfahren einmal als unzulässig und einmal als unbegründet verworfen hatte.
Die Überprüfung des Urteils auf die Revision des Angeklagten hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. Das Urteil des Landgerichts ist damit rechtskräftig.
Quelle: Bundesgerichtshof, Pressemitteilung vom 01.07.2024 zum Beschluss vom 18. Juni 2024 – 5 StR 67/24