ÄK Berlin: Deutschland braucht die Widerspruchsregelung
Tausende Patient:innen in Deutschland warten verzweifelt auf eine Organspende – die meisten von ihnen vergeblich. Anlässlich des Tages der Organspende am 1. Juni 2024 fordert das Berliner Bündnis für Organspende daher die Einführung der Widerspruchsregelung. Nach Auffassung des Bündnisses könnte dies die Zahl der Organspenden erhöhen und viele Leben retten.
8.394 Patient:innen in Deutschland warteten laut Deutscher Stiftung Organtransplantation (DSO) am 1. Januar 2024 auf insgesamt 8.716 Organe. Die meisten werden vergeblich warten und kein lebensrettendes Organ erhalten. Um die Zahl der Organspenden zu erhöhen, fordert das Berliner Bündnis für Organspende (BBO), ein Zusammenschluss verschiedener Organisationen und Einzelpersonen, die Einführung der Widerspruchsregelung in Deutschland.
Mit der Widerspruchsregelung würde jeder Mensch als Organspender gelten, sofern er nicht ausdrücklich widersprochen hat. Liegt kein Widerspruch vor, würden aber auch bei dieser Regelung die Angehörigen befragt werden.
„Wie dringend wir die Widerspruchsregelung brauchen, zeigen uns die aktuellen Zahlen“, erklärt Dr. Dr. Sandra Loder, Geschäftsführende Ärztin der Region Nord-Ost der DSO. „Denn leider sind wir in das Jahr 2024 schlecht gestartet. Bis Mitte Mai hatten wir in Nord-Ost lediglich 29 Organspender:innen, 79 Organe konnten transplantiert werden. Entwickelt sich der Trend so weiter, wird die Lage für die Menschen auf der Warteliste in diesem Jahr noch kritischer werden als 2023″, so Loder. Im vergangenen Jahr standen deutschlandweit nur 2.877 Organe von 965 postmortalen Organspender:innen zur Verfügung. Damit war die Zahl der Organspender:innen nach dem Einbruch durch die Pandemie zwar leicht gestiegen, lag aber immer noch unter dem Niveau der Vorjahre.
In seinem jüngst veröffentlichten Positionspapier „Der europäische Weg der Organspende: Widerspruchsregelung auch für Deutschland“ legt das BBO die Notwendigkeit der Widerspruchregelung dar und fordert die Bundesregierung auf, dem Bundesrat unverzüglich einen Gesetzesentwurf zur Einführung der Widerspruchsregelung in Deutschland zuzuleiten. Auch Initiativen und breite Bündnisse aus dem Bundestag heraus werden ausdrücklich begrüßt. Das Positionspapier wurde neben den Vertreter:innen des BBO von rund 150 weiteren Unterstützer:innen unterschrieben, darunter zahlreichen Expert:innen aus dem Gesundheitswesen sowie Betroffenen.
„Dass in Deutschland so viele Menschen leiden und sterben, obwohl wir das verhindern könnten, ist ein Skandal“, erklärt PD Dr. med. Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin. „Dies ist insbesondere deshalb tragisch, weil die meisten Deutschen der Organspende grundsätzlich positiv gegenüberstehen, wie zahlreiche Umfragen belegen. Sie dokumentieren ihren Willen jedoch häufig nicht. Zum Aufheben dieser Problematik kann die Widerspruchsregelung einen wichtigen Beitrag leisten.“
„Die Widerspruchsregelung ist nicht der einzige, aber ein entscheidender Schritt, damit die Organspende zur Normalität wird“, betont Prof. Dr. med. Kai-Uwe Eckardt, Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Nephrologie und Internistische Intensivmedizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin und Vorstand von „Leben Spenden! e. V.“ „Als Mitglied des transnationalen Netzwerkes Eurotransplant bezieht Deutschland auch heute schon Organspenden aus Ländern, in denen die Widerspruchsregelung gilt“, so Eckardt.
Das Positionspapier des BBO ist unter folgendem Link zu finden:
Quelle: Ärztekammer Berlin, Pressemitteilung vom 29.05.2024