Zahnärzte in Sachsen: Impfpflicht – ja oder nein? Schreiben der Körperschaften an die Landesregierung

Als Reaktion auf die vom Gesetzgeber beschlossene Impfpflicht für Beschäftigte in Gesundheitseinrichtungen haben sich KZVS und LZKS in einem Schreiben vom 05.01.2022* an die Staatsministerin Petra Köpping und gleichlautend an Ministerpräsident Michael Kretschmer gewendet.

 

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmer,

die auf Bundesebene beschlossene alleinige Impfpflicht der Gesundheitsberufe hat in der Zahnärzteschaft in Sachsen zu einer erheblichen Unruhe geführt. Täglich erhalten wir besorgte, aber auch erboste Rückmeldungen, die uns dazu veranlassen, Sie über diesen Umstand in Kenntnis zu setzen.

Wir haben große Bedenken, dass eine alleinige Impfpflicht der Gesundheitsberufe zu einer irreversiblen Abwanderung von ungeimpftem Personal aus den Praxen bis hin zu Praxisschließungen führen wird. In den letzten Monaten gab es sehr hohe verwaltungstechnische Anforderungen bei der Einführung der Telematikinfrastruktur, die die Praxisinhaber vor mannigfaltige zeitaufwendige Probleme gestellt haben und welche nicht in deren Verantwortung lagen. Wenn nun zusätzlich eine verstärkte Abwanderung des Personals zu erwarten ist bzw. der Praxisinhaber selbst eine ablehnende Haltung zur Impfpflicht hat, besteht eine hohe Gefahr, dass diese Praxen schließen bzw. zur Schließung verpflichtet werden.

Die Impfpflicht führt nach den Rückmeldungen, die wir aus der Zahnärzteschaft erhalten, eben in der Regel nicht dazu, sich umgehend impfen zu lassen, sondern eher dazu, den Beruf zu wechseln bzw. die Praxen zu schließen.

Diese Aussage können wir durch eine aktuelle Umfrage der Landeszahnärztekammer (LZK) Sachsen untermauern, die folgende Erkenntnis gebracht hat:

  • Von 2.570 Zahnarztpraxen in Sachsen haben bis dato 487 an der Umfrage teilgenommen.
  • Von den an der Umfrage Teilnehmenden sind demnach ca. 25 % der Zahnärzteschaft und ca. 40 % der zahnärztlichen Mitarbeiter ungeimpft.

Die Frage: „Bei der Umsetzung der gesetzlich verankerten Impfpflicht ab 16.03.2022 rechne ich mit:

  • einer Kündigung von Mitarbeitern oder
  • einer deutlich eingeschränkten Tätigkeit“

haben jeweils mehr als die Hälfte der Teilnehmer bejaht.

Eine vorzeitige Praxisschließung mangels Personals geben 42 % und eine Praxisschließung durch ungeimpfte Praxisinhaber geben 26 % der Teilnehmer, in Summe 273 Praxen an.

Regional ausgewertet, ergeben sich durch ungeimpfte Zahnärzte und Personal absehbar ab 16.03.2022 Problemlagen in den Regionen Aue-Schwarzenberg, Bautzen, Dresden-Stadt, Chemnitz-Stadt, Leipzig-Stadt sowie durch vor allem ungeimpftes Personal in zahlreichen ländlichen Regionen (Sächsische Schweiz, Meißen, Weißeritzkreis, Leipziger Land, Zwickauer Land, Göltzschtalkreis, Freiberg).

Zur Veranschaulichung übersenden wir Ihnen außerdem einige exemplarische Schreiben an die KZV Sachsen (s. Anlage).

Eine Zuarbeit zur Situation im Bereich der zahnmedizinischen Fachangestellten ist mit Schreiben vom 30.12.2021 an Frau Staatsministerin Köpping durch die LZK Sachsen bereits erfolgt.

Neben Praxisschließungen und dem Arbeitsplatzverlust zahlreicher Praxismitarbeiter steht dann auch ganz zentral die Frage der Sicherstellung der zahnärztlichen Versorgung der sächsischen Bevölkerung im Raum, die besonders im ländlichen Raum von den Folgen getroffen würde.

In Sachsen gibt es Regionen, die in den nächsten fünf bis zehn Jahren von Unterversorgung bedroht sein werden. Hier arbeiten vorwiegend Zahnärztinnen und Zahnärzte in einem Alter über 60 Jahre. Wir sehen als Körperschaften die reale Gefahr, dass sich gerade in diesen Bereichen die Praxisinhaber durch die gegebene Situation überfordert fühlen und ihre Praxis eher als geplant aufgeben, was durch die o.g. Umfrage bestätigt wird. Es käme dadurch zur sofortigen Gefährdung einer flächendeckenden wohnortnahen zahnmedizinischen Versorgung der Bevölkerung in Sachsen.

Wir teilen Ihnen schon jetzt mit, dass es uns nicht möglich sein wird, diese Lücken zu schließen. Auch ist Ihnen sicher bekannt, dass bereits in vielen Praxen Personalengpässe bestehen und eine weitere Abwanderung des Personals nicht ausgeglichen werden kann.

Wir müssen Sie auffordern, sich im Sinne der Versorgung der sächsischen Bevölkerung dieses Themas anzunehmen. Der Perspektive, sich der Impfung durch einen Wechsel in einen anderen Beruf zu entziehen, kann die Politik nur durch eine allgemeine Impfpflicht begegnen. Will sie diesen Schritt nicht gehen (der ohnehin kurzfristig erfolgen müsste, denn einmal abgewandertes Personal kommt wahrscheinlich auch nicht mehr zurück), dann erwarten wir eine differenzierte Beurteilung des Sachverhaltes, die uns die Sicherstellung der Versorgung weiterhin ermöglicht.

Unabhängig davon, wie jeder Einzelne von uns zur Frage der Impfung steht, muss doch Folgendes berücksichtigt werden: Zahnarztpraxen haben aufgrund des exzellenten Hygienemanagements von Pandemiebeginn an und an vorderster Front als systemrelevante Berufsgruppe die zahnmedizinische Versorgung in vollem Umfang aufrechterhalten. Sie waren zu keinem Zeitpunkt der Pandemie Infektionstreiber und werden nun erneut in die Pflicht zur Impfung genommen, nur um diejenigen zu schützen, die zu einer Impfung nicht bereit sind.

Bitte seien Sie sich Ihrer Mitverantwortung bewusst.
Lassen Sie uns wissen, wie Sie die Situation bewerten und welche konfliktlösenden Maßnahmen Sie diesbezüglich planen.
Für ein kurzfristiges Gespräch oder weiterführende Informationen stehen Ihnen die zahnärztlichen Körperschaften jederzeit zur Verfügung.

Dr. Holger Weißig
Vorstandsvorsitzender der KZV Sachsen

Dr. Thomas Breyer
Präsident der LZK Sachsen

Quelle: LZKS und KZVS, Pressemitteilung/Webseite

 

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*Hier mal z. K., unsere Redaktion hat erst heute Kenntnis davon erhalten.