BGH: Vorwurf der Untreue gegen Verantwortliche der KV Berlin muss neu geprüft werden
Das Landgericht Berlin hat drei ehemalige hauptamtliche Vorstandsmitglieder der kassenärztlichen Vereinigung Berlin (KVB) sowie deren ehemaligen Vorsitzenden der Vertreterversammlung vom Vorwurf der Untreue aus rechtlichen Gründen freigesprochen. Die hiergegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
Nach den Feststellungen des Landgerichts wurden die Angeklagten Dr. P., Dr. K. und B. zum 1. Januar 2005 zu Vorstandsmitgliedern der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin gewählt. Die Dienstverträge enthielten jeweils eine Vereinbarung, nach der den Vorstandsmitgliedern bei Beendigung ihrer sechsjährigen Tätigkeit als Übergangsgeld die Vergütung nebst Zuschüssen für die Dauer von bis zu zwölf Monaten weitergezahlt werde, wenn diese im Anschluss ihre selbständige Tätigkeit als Ärzte wieder ausüben. Mit dieser Regelung sollte den Vorstandsmitgliedern die Wiederaufnahme ihrer ärztlichen Praxistätigkeit finanziell erleichtert werden.
Als sich angesichts geänderter Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörden andeutete, dass in künftigen Vorstandsdienstverträgen allenfalls Übergangsgelder für die Dauer von bis zu sechs Monaten akzeptiert würden, wollten die Angeklagten Dr. P., Dr. K. und B daher für die Anfang 2011 stattfindende Vorstandswahl nur dann kandidieren, wenn ihnen das Übergangsgeld in bisheriger Höhe erhalten bleibe.
Dem entsprechend unterzeichneten die Angeklagten unmittelbar vor der Wiederwahl am 27. Januar 2011 einen Anpassungsvertrag, nach dem Ende Februar 2011 das Übergangsgeld für zwölf Monate, aber ohne Wiederaufnahme der ärztlichen Tätigkeit ausgezahlt wurde. Der Angeklagte Dr. T. als Vorsitzender der – insoweit allein entscheidungsbefugten – Vertreterversammlung unterzeichnete den Anpassungsvertrag, ohne die Vertreterversammlung hierüber zu informieren.
Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Freisprüche aufgehoben. Die Begründung des Landgerichts, wonach die Angeklagten nicht pflichtwidrig gehandelt hätten, hat revisionsrechtlicher Prüfung nicht standgehalten. Nach Ansicht des Senats beruht diese Bewertung des Landgerichts auf einer unzureichenden Auslegung der getroffenen Vereinbarungen, da für die strafrechtliche Bewertung maßgebliche Umstände aus dem Blick geraten seien. So erscheine die Gewährung des Übergangsgeldes ohne tatsächlich erfolgten „Übergang“ als Leistung ohne Gegenleistung, was einen Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit öffentlicher Verwaltung nahelege.
Die Sache bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung.
Quelle: BGH Pressemitteilung zum Urteil vom 24. November 2020 – 5 StR 553/19