KZV Berlin: Bedroht und Abgezockt
Das Landessozialgericht kassiert die „Beratungspraxis“ des KfO-Beratungsausschusses
Wer die einseitige, an einzelnen Interessengruppen orientierte Vorgehensweise des KZV-Vorstandes und der Mehrheit der Vertreterversammlung an einem Paradebeispiel betrachten will, der lasse sich von Betroffenen einmal über die Beratungspraxis des KfO-Beratungsausschusses berichten: Ein niedergelassener Kollege, der auch kieferorthopädische Leistungen erbracht hatte, wurde vor den sogenannten Beratungsausschuss zitiert, unvorbereitet mit – vielleicht berechtigten oder auch unberechtigten – Vorhalten konfrontiert, dann mit einem vollständigen Regress der abgerechneten Leistungen und dem Staatsanwalt bedroht und sofort mit einem „Vergleich“ abgefertigt, wonach er auf kieferorthopädische Leistungen zukünftig gänzlich zu Verzichten habe und einen erheblichen Teil der abgerechneten Beträge zurück zu zahlen hätte.
Wenn man dann allerdings erfährt, wohin die zurück zu führenden Beträge innerhalb der KZV Berlin fliessen, wird einem so manches deutlich…. Sie fliessen nicht zurück an die Kassen, die davon gar nichts erfahren, sondern in den Honorartopf der Kieferorthopäden. Diesen wird nicht nur unliebsame Konkurrenz vom Hals geschafft, ihr Honorartopf wird auch noch mit der „Beute“ gefüllt.
Die Kieferorthopäden werden mit diesem Vorgehen zufrieden sein, der Vorstand hat eines seiner Klientele bedient und die betroffenen, abgezockten Kollegen waren bisher so eingeschüchtert, dass diese seit Jahr und Tag durchgeführte „Beratungspraxis“ erst jetzt gerichtlich überprüft wurde – von einem Kollegen, der sich aus dem Einflussbereich der KZV Berlin hinaus begeben hat.
Ein Muster, das man in erster Linie in Süditalien oder aus der Gegend um Neapel zu kennen meint – vor unserer Haustür, im Kollegenkreis, von unserem Vorstand der KZV konzipiert. Man erkennt einmal mehr die Handschrift der Schulhofrüpel.
Sozialgerichte neigen an sich nicht zum Überschwang, ihre Urteile sind regelmäßig im Ton zurückhaltend und distanziert. Umso mehr erstaunt das
Der besagte Kollege war am 7.März 2003 unter die Räder des KfO-Beratungsausschusses geraten: Das Landessozialgericht zitiert im Tatbestand des Urteils einen Vermerk über das „Beratungsgespräch“, wonach eine beratende Kollegin aus dem Ausschuss den Kollegen wie folgt „berät“: Zitat:“… Minimalvorschlag: Sie geben sofort die KfO auf, ansonsten brauchen wir hier nicht weiter zu reden. Das ist eigentlich eine Angelegenheit für den Staatsanwalt, weil es sich hier überwiegend um Körperverletzung handelt, …“Zitatende.
Der Kollege gab eine entsprechende Erklärung ab und zahlte aufgrund dieses „Vergleiches“ zunächst einen Betrag von 40.000 € an die KZV Berlin zurück. Danach ging er aber gegen diese Praktik juristisch vor.
Seine zwei Jahre später erhobene Klage hatte beim Sozialgericht Berlin Erfolg, die KZV Berlin ging dagegen in die Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg.
Das Landessozialgericht hat diesen „Vergleich“ als subordinationsrechtlichen Vergleichsvertrag eingeschätzt, d.h. als Vergleich, der einen gleichlautenden Verwaltungsakt ersetzt. Der Vorteil für den Bürger – er kann ein bisschen handeln, der Vorteil für die Verwaltung – sie muss nicht mit einem Rechtsmittel rechnen.
Dann muss dieser Vergleich aber – so das Landessozialgericht – einen Inhalt haben, der als Verwaltungsakt rechtmäßig wäre. Anderenfalls wäre auch der Vergleich unrechtmäßig.
Und daran hapert es gewaltig: Nach der ausführlichen Analyse wäre ein gleichlautender Verwaltungsakt nichtig, und damit ist das auch der „Vergleich“.
Nichtigkeit ist mehr als Rechtswidrigkeit, bei Nichtigkeit besteht ein besonders schwerwiegender und vor allem offensichtlicher Fehler.
Und dann zählt das Landessozialgericht sage und schreibe 5 (in Worten fünf) Gründe auf, weswegen der „Vergleich“ nichtig ist. Fünf besonders schwerwiegende und offensichtliche Fehler:
- der Verzicht auf KfO-Leistungen entspricht einem Teilentzug der Zulassung, den es nicht gibt und wenn es ihn gäbe, wäre das nicht Sache der KZV Berlin
- die Rückzahlung wäre als Honorarberichtigung ebenfalls nicht Sache des KfO-Beratungsausschusses gewesen, sondern teilweise Sache des Prüfungsausschusses
- außerdem ist der Rückzahlungsbetrag willkürlich angesetzt und es ist nicht nachvollziehbar, ob er auf Schadensersatz, sachlich-rechnerischer Richtigstellung oder Wirtschaftlichkeitsprüfung beruht
- weiter lagen erkennbar die Voraussetzungen für einen Vergleich nicht vor, ein Nachgeben der KZV Berlin sei gar nicht erkennbar und
- schließlich handelt es sich bei dem KfO-Beratungsausschuss nicht um einen satzungsgemäßen Ausschuss der KZV Berlin. Satzungsmäßig gibt es diesen Ausschuss überhaupt nicht!
Für den hier anzunehmenden Verwaltungsakt kommt das Gericht zu dem Ergebnis:
„Die Beklagte (die KZV Berlin d. Verf.) hätte somit in dem fiktiven Bescheid eine Vielzahl unterschiedlicher Rechtsinstitute (teilweise Zulassungsentziehung, Wirtschaftlichkeitsprüfung, sachlich-rechnerische Richtigstellung, Schadensersatzansprüche) bei gleichzeitiger mehrfacher Missachtung von Zuständigkeitsschranken miteinander vermengt.“
Und im folgenden Satz lässt dann der Richter einmal kurz aufblitzen, was in ihm innerlich bei diesem Fall vorging:
„Ein solcher Bescheid wäre von jedem, der mit dem System der Vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung auch nur ansatzweise vertraut ist, als offenkundig fehlerhaft angesehen worden.“
Nun wollen wir gerne annehmen, das sowohl Herr Euwens, unser famoser Justitiar, als auch die beauftragte Rechtsanwaltskanzlei Ehlers und Partner mit dem System der vertragszahnärztlichen Versorgung ansatzweise vertraut sind und den KZV-Vorstand entsprechend beraten hatten. Der Vorstand hat somit in einem Fall offensichtlicher und schwerwiegender Rechtswidrigkeit – trotz entsprechender, hier unterstellter Beratung – lieber die nächste Instanz angerufen, als diese schwerwiegend rechtswidrige Praxis abzustellen und rückabzuwickeln.
Am Rande angemerkt sei noch ein Hinweis des Landessozialgerichts, wonach die Berechnungsweise für den Rückzahlungsbetrag wohl von der Gier und nicht von rationalen Überlegungen getragen war: Mit dem Kollegen wurden 12 Fälle besprochen, von 486 erfolgten Leistungen. Der Ausgangsbetrag für die Rückzahlung war allerdings nicht auf diese 12 Fälle begrenzt – vielmehr wurden die gesamten abgerechneten KfO-Leistungen von 15 Quartalen zugrunde gelegt.
Das mag begründen, wer kann….
Nun, mit dieser eindeutigen Aussage des Landessozialgerichts dürfte jede weitere Fortsetzung dieser „Beratungspraxis“ zumindest den Straftatbestand der Nötigung (§ 240 StGB), wenn nicht sogar der Erpressung (§ 253 StGB) erfüllen. Sollten einmal solche Ermittlungen in diesem Zusammenhang gegen den Vorstand der KZV Berlin geführt werden, müssten wir allerdings davon ausgehen, dass die Verteidigerkosten wieder allen Vertragszahnärzten übertragen werden. Da haben wir ja Erfahrung….
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