Stuttgarter Erklärung des Vorstandes der Bundeszahnärztekammer

Auf der Klausurtagung der Bundeszahnärztekammer in Stuttgart am 12. und 13. Juni 2015 verfasste der Vorstand der BZÄK gemeinsam eine Stuttgarter Erklärung zu den Zukunftsthemen der Zahnärztekammern:

Präambel

Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) vertritt die gesundheits- und professionspolitischen Interessen des zahnärztlichen Berufsstandes. Dabei ist sie dem Gemeinwohl verpflichtet. Ihr oberstes Ziel ist der Einsatz für ein freiheitliches, zukunftsorientiertes Gesundheitswesen. Sie fördert eine fortschrittliche, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Zahnheilkunde, die den Patienten in den Mittelpunkt stellt. Die Bundeszahn-ärztekammer als Dachverband der (Landes-) Zahnärztekammern ist damit mehr als die Berufsvertretung der in Deutschland arbeitenden Zahnärzte.

Die (Landes-)Zahnärztekammern sind historisch als eine Rechtsform (Körperschaften des öffentlichen Rechts) entstanden, die im staatlichen Auftrag, aber autonom, die Belange der Zahnärzte vertritt und gleichzeitig als Sachwalter des hohen Standards zum Wohle der Patienten wirken. Diesen Auftrag setzen die Kammern verantwortlich um – nach innen und nach außen. Da die Kammern dem Gemeinwohl verpflichtet sind, wirken sie als Moderator zwischen unterschiedlichen Akteuren: In erster Linie zwischen Zahnärzten und Patienten, aber auch der Öffentlichkeit und der Politik. Dabei agieren sie innerhalb ethischer und gesellschaftlicher Herausforderungen. Dies stets mit dem Fokus auf die beste zahnmedizinische Versorgung der Patienten.

Zur Gemeinwohlorientierung des zahnärztlichen Berufs gehört auch die Selbstverpflichtung, das Aufgabenspektrum der Kammern parallel zu gesellschaftspolitischen Herausforderungen weiterzuentwickeln. Ohne den besonderen Beitrag der Zahnärztekammern wäre das konstitutive Vertrauensverhältnis zwischen Zahnärzten und Patienten sowie der Öffentlichkeit nicht denkbar. Dies ist der Ausgangspunkt ihres gesetzlichen Auftrages. Die Kammern sind die wichtigsten Institutionen, um das Patientenwohl, die zahnärztliche Berufsausübung und die gesellschaftlichen Herausforderungen in Einklang zu bringen.

Ihre Autonomie und den besonderen Anspruch müssen die Kammern nach innen und nach außen immer wieder neu bestimmen. Neue gesellschaftliche und politische Herausforderungen verlangen dies derzeit in besonderem Maße. Die Kammern müssen nicht nur die aktuellen zahnmedizinischen Entwicklungen aufnehmen, sondern auch im Hinblick auf ihren Gemeinwohlauftrag die gesellschaftlichen Entwicklungen aktiv antizipieren.

Auf ihrer Stuttgarter Klausurtagung hat die BZÄK unter anderem folgende Herausforderungen ausgemacht, denen sie sich gemeinsam mit den (Landes-) Zahnärztekammern auch in naher Zukunft verstärkt stellen muss:

  • Gemeinwohl- und Patientenorientierung müssen inhaltlich angepasst werden, besonders in einer Zeit, in der einerseits der demografische Wandel die Finanzierung von Gesundheitsdienstleistungen erheblich fordert und andererseits Patienten mit stark gestiegenen Ansprüchen an Aufklärung, Information und Versorgung zu beobachten sind.
  • Allen Zahnärzten selbst muss deutlich werden, dass ihre eigene Autonomie stark vom autonomen Wirken der Kammer abhängt. Autonomie und Selbstkontrolle gehen Hand in Hand!
  • Die „Deregulierungsstrategie“, die von Europa ausgeht, mündet in neuen Regulierungen, die das freiberufliche Handeln in Frage stellen. Hierzu muss sich die Kammer wie bisher klar positionieren.
  • Die Bundeszahnärztekammer versteht sich zunehmend als internes Netzwerk, welches Aufgabenkooperationen unterschiedlicher Kammern und die Vernetzung von Aufgaben einschließt. Dazu gehört auch eine klare Verpflichtung, den gesetzlichen und gesellschaftlichen Auftrag zeitgemäß umzusetzen.
  • Die Digitalisierung der Gesellschaft – insbesondere im Gesundheitswesen – ist eine große Herausforderung. Hier entstehen ganz neue Fragestellungen, nicht nur im Umgang mit neuen gesundheitsbezogenen Daten, sondern auch im Hinblick auf den Patientenschutz, und wie mit solchen Daten bzw. ihren Resultaten umzugehen ist.

Die im Vorfeld der Stuttgarter Tagung eingerichteten Arbeitsgruppen zu ausgewählten Themen haben sich bewährt. Weitere Themen werden vom Vorstand der BZÄK bestimmt, um Soll- und Ist-Zustände zu identifizieren, an bestehenden Standards zu arbeiten und bundeseinheitliche neue Standards zu setzen.

Die BZÄK und die (Landes-)Zahnärztekammern verpflichten sich selbst und ihre Mitglieder, den Gemeinwohlauftrag der Kammern nicht einfach fortzuschreiben, sondern zu modernisieren. Als Körperschaft öffentlichen Rechts stehen die (Landes-)Zahnärztekammern für unabhängige Interessenvertretung. In Teilen mögen bestimmte Aufgaben auch von anderen Akteuren geleistet werden können, aber gerade diese Form ist es, die das besondere Verhältnis von Zahnarzt und Patient in den Blick nimmt, welches auf Vertrauen basiert und kein Kundenverhältnis darstellt.

Kammermitglieder nehmen an sich selbst wahr, dass ihre Kammern vor allem dazu da sind, das Vertrauensverhältnis zwischen ihnen und ihren Patienten und damit den gesellschaftspolitischen Auftrag zu schützen.

Wer klug ist, führt gute Traditionen fort. Noch klüger ist, wer diese Traditionen an aktuellen Veränderungen ausrichtet! Daran haben die BZÄK und die (Landes-) Zahnärztekammern in Zukunft aktiv zu arbeiten und setzen einen internen Prozess in Gang, der sich den Zukunftsthemen stellt. Dazu wird die BZÄK ein Beratungsgremium einrichten, in dem weit über zahnärztliche Expertise hinaus Sachverstand zusammengeführt wird, der gesellschaftliche Herausforderungen in die Perspektive der Kammern übersetzt.

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Quelle: Bundeszahnärztekammer e.V., 09. Juli 2015