Verfassungsgerichtshof: Wahleinsprüche sind nur erfolgreich, wenn Wahlfehler hinreichend deutlich und mandatstrelevant sind

Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat zwei Einsprüche gegen die Abgeordnetenhauswahl 2016 zurückgewiesen. Interessant ist die Begründung: Dort tauchen zwei Voraussetzungen auf, welche wir nachstehend fett hervorgehoben haben.

Der Verfassungsgerichtshof beurteilt die Zulässigkeit des Einspruchs und die Notwendigkeit eventueller Aufklärungsmaßnahmen nach § 25 VerfGHG allein anhand der innerhalb der Monatsfrist eingereichten Begründung. In eine Sachprüfung und eine eventuelle Beweiserhebung tritt er nur ein, wenn sich aus der Begründung ein möglicher Wahlfehler und die mögliche Beeinflussung des Ergebnisses durch diesen Wahlfehler hinreichend deutlich erkennen lassen. Vortrag, der über Vermutungen oder bloße Andeutungen der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgeht und keinen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag enthält, ist ebenso unzureichend wie Vortrag, der einen Verstoß gegen Wahlvorschriften nicht schlüssig behauptet.

Gemessen an diesem Maßstab war auch der Einspruch des zweiten Einspruchsführers teilweise bereits unzulässig, weil er den Anforderungen an die Darlegung eines Wahlfehlers nicht genügte. Soweit der Einspruch zulässig war, hat der Verfassungsgerichtshof ihn zurückgewiesen, weil kein mandatsrelevanter Fehler der Wahl vorliegt. Zwar entsprechen die Wahlniederschriften mehrerer Wahlbezirke den aus der Landeswahlordnung herzuleitenden formalen Vorgaben nicht vollständig; der Verfassungsgerichtshof konnte sich jedoch davon überzeugen, dass allenfalls hinsichtlich zweier Stimmzettel tatsächlich ein Fehler der Wahl vorliegt. Angesichts des Vorsprungs des gewählten Bewerbers von zehn Stimmen kann das Ergebnis der Wahl darauf nicht beruhen.

 

Weiterführend:

Zum Begriff „mandatsrelevante Fehler“ siehe auch Bundessozialgericht, Urteil vom 28.01.1998 zu Az.: B 6 KA 98/96 R und Sozialgericht Münster, Urteil vom 09.12.2013 zu Az S 2 KA 5/11
Zur Erinnerung: Das Urteil des Sozialgerichts Münster führte später zur vielbeachteten Grundsatz-Feststellung des Bundessozialgerichts vom 12.02.2015 (Az B 6 KA 4/14 R), dass parlamentarische Spiegelbildlichkeitsgrundsätze auch für die Besetzung der Ausschüssen in den KV/KZV’en gelten, wir berichteten Teil 1 und Teil 2.