DER GEIST DER INQUISITION

Das Landessozialgericht für Berlin und Brandenburg hat immer wieder einmal – wenn auch seltener – mit unserer Kassenzahnärztlichen Vereinigung Berlin zu tun. So war es auch am 14.3.12, als neben einigen ebenfalls hochinteressanten Fällen zwei Disziplinarverfahren ihr Ende fanden, die im Zusammenhang mit dem Globudent-Skandal vom Vorstand ausgelöst worden waren.

Delikat wurde das auch dadurch, dass einer der „Delinquenten“ der Vorsitzende der IUZB, Herr Gerhard Gneist, war. In beiden Fällen war das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren nach Zahlung einer Geldsumme eingestellt worden. In beiden Fällen hatte es keinen eindeutigen Beweis für die Verabredung von Kickback-Zahlungen und die Zahlung selbst gegeben. Und in beiden Fällen hatte der Disziplinarausschuß der KZV Berlin auf der Grundlage von Unterstellungen (wer eine Auflage zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens zahlt, räumt damit eine Schuld ein) und Vermutungen (wenn ein Brief eingeliefert wird, wird er auch zugestellt) einen Disziplinarbescheid erlassen.

Dagegen war Herr Gneist und sein Kollege, jeweils für sich, vorgegangen und hatten vor dem Sozialgericht Erfolg. Aber das konnte natürlich die KZV Berlin unter dem wohlbekannten Vorstand und seinem diensteifrigen Justitiar Euwens nicht überzeugen. Zumal ja mit dem Kopf von Herrn Gneist eine begehrte Trophäe winkte… In Vorfreude hatte ja so mancher dieser Herren genüßlich auf dem acht Jahre andauernden Verfahren herumgekaut. Also hatte sich das Landessozialgericht erneut einen ausschweifenden Monolog von Herrn Euwens anzuhören. Der gesamte Vorstand war anwesend – das spornte an.

Das Landessozialgericht machte demgegenüber darauf aufmerksam, dass es keine stichhaltigen Beweise gab, dass sogar gegen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und fundamentale Grundsätze des Rechtsstaates verstoßen wurde. Das focht Vorstand und Justitiar nicht an. Und dann verstieg sich Herr Kollege Dipl-Stom. Geist zu dem entlarvenden Einwand, die betreffenden Kollegen hätten doch ihre Unschuld nicht beweisen können. Nun, selbst ein Vorstandsmitglied unserer KZV Berlin sollte das kleine rechtsstaatliche Einmaleins und die demokratischen Grundrechenarten beherrschen. Und so sah sich ein Beisitzer des Landessozialgerichts berufen, diesen Herren Kollegen darauf hinzuweisen, dass es eine elemantare Grundregel unseres demokratischen Rechtsstaates ist, dass Schuld nachgewiesen werden muß, vom Staatsanwalt, vom Disziplinarausschuß, und nicht Unschuld nachgewiesen werden muß vom Beschuldigten.

Dieser dankenswerte Ausbruch eines im Übrigen sehr sachlichen und nüchternen Richters vertrieb den Geist der Inquisition, der auf einmal durch die Reihen geweht war, nachhaltig. Wir sind dann doch ein paar hundert Jahre weiter, auch wenn es sich nicht bis in unseren Vorstand in allen Einzelheiten rumgesprochen hat.

Ach ja, auch diese Verfahren verlor die KZV – natürlich. Die Disziplinarbescheide bleiben aufgehoben.
Eine Entschuldigung der Schandmäuler? Wer erwartet denn sowas ….