VZB: Das Geheimnis einer Satzungsänderung

Das Berliner Versorgungswerk entdeckt die Demografie-Problematik

Von Karola Hein

Jeden Tag soll ich in meiner Praxis meine Patienten allumfassend beraten, sämtliche diagnostischen und therapeutischen Alternativen mit allen Vor- und Nachteilen darstellen und ausführlichst dokumentieren. Habe ich als Mitglied der Zahnärztekammer (ZÄK) Berlin bzw. des Versorgungswerkes der ZÄK (VZB) weniger Rechte als meine Patienten bei mir? Haben sich die Vertreter der Vertreterversammlung (VV) des VZB alternative Lösungen für die nun eingetretenen Änderungen im Beitrags- und Leistungsbereich angehört und darüber diskutiert? – Nein?

Vielmehr wurde auf der letzten VV des VZB darauf hingewiesen, dass jede Verzögerung dazu führe, dass die neue Satzung nicht mit Beginn 2008 in Kraft treten könne – so what? Ein Antrag des Kollegen Dr. Dohmeier-de Haan, die den geplanten Umstrukturierungen zu Grunde liegenden politischen Entscheidungen zu diskutieren, wurde aus rein formalen Gründen abgelehnt.

Schon seit langem war die Notwendigkeit einer Änderung der Satzung bekannt. Die demografische Entwicklung ist schließlich nicht wie ein Unwetter über das VZB gekommen. Die mathematische Auseinandersetzung, Diskussion und Prüfung im Beitrags- und Leistungsbereich des VZB hätte längst geführt werden können. Diese Tatsache kann nicht dazu führen, dass nunmehr innerhalb weniger Wochen ein faktischer Zeitdruck geschaffen wurde, der eine sinnvolle Beteiligung der Betroffenen bzw. ihrer Vertreter verhinderte. Die aktuellen Sterbetafeln zeigen deutlich seit Jahren eine Zunahme der Lebenserwartungen, eben auch bei Zahnärzten/innen. Der mathematische Kurvenverlauf dieser Tatsache ist seit Jahren bekannt. Insoweit ist es nur folgerichtig, die daraus entstehenden mathematischen Konsequenzen für die Beiträge und Leistungsberechnungen zu aktualisieren. Seit wann waren denn die Ergebnisse der aktualisierten Generationssterbetafeln aus dem versicherungsmathematischen Büro Heubeck bekannt? Sicherlich doch schon zu dem Zeitpunkt, als die ZÄK Berlin den Karlsruher Mathematiker Prof. Hipp beauftragte, die vom Versorgungswerk geplanten Änderungen auf mathematische Richtigkeit zu prüfen.

Auf der letzten VV des VZB stellte Prof. Hipp seine Ergebnisse in einem Powerpoint-Vortrag anschaulich dar. Hierbei betonte er, dass er nur die mathematischen Aspekte und deren Auswirkungen darstellen könne. Bestimmte Änderungen im Beitrags- und Leistungsbereich seien aber berufspolitische Entscheidungen, die in den entsprechenden Gremien getroffen werden müssten.

Alternativen in diesen Bereichen sind berufspolitische Entscheidungen und nicht mathematisch festzulegen. Hier sei beispielhaft auf die Absenkung der Berufsunfähigkeitsrente sowie die Absenkung der Witwen- bzw. Witwer-Rente hingewiesen sowie auf die Festsetzung der Höhe des zu entrichtenden Regelbeitrags. Man müsste annehmen, dass die Vertreter der VV des VZB verantwortungsbewusst die Alternativen als unsere Interessenvertreter diskutiert hätten. – Irrtum!

Die gewollten berufspolitischen Veränderungen und Notwendigkeiten der Anpassung der Beiträge und Leistungen des VZB hätten sozialverträglich im Interesse der Mitglieder des VZB ausführlich und zeitnah, aber ohne den selbst verordneten selbst verschuldeten Zeitdruck diskutiert und entschieden werden müssen. Von daher bleibt mir wie auch den abstimmenden Vertretern der Weg der Entscheidungsfindung für die nun vorgenommenen Veränderungen ein Geheimnis. Das VZB teilt per Rundschreiben mit, es schaffe mit der neuen Satzung endlich Transparenz und Gerechtigkeit bei der Berechnung der Beiträge und Leistungen. Wäre es sonst im Dickicht der Ungerechtigkeit und Undurchsichtigkeit erstickt? Sollen wir das Rundschreiben des VZB also als – sehr pauschale – Selbstkritik des VZB verstehen? Deshalb hoffe ich, dass bei der nächsten Kammerwahl mehr Kollegen an der Wahl teilnehmen. Denn aus der Delegiertenversammlung der ZÄK werden die Vertreter der VV des VZB gewählt.

… übrigens …
Die neue Satzung des Berliner Versorgungswerkes sorgt dafür, dass die Verwaltung ohne viel Störung durch die Vertreterversammlung walten kann. Ein wichtiger Passus, der von der Opposition nicht zu verhindern war, besagt: Der Direktor des Versorgungswerkes wird vom Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses bestellt – nicht einmal im Einvernehmen mit der Vertreterversammlung.

 

Der Artikel erschien im DAZ Forum 94, März 2008