EuGH zur Auslegung von Artikel 82 DSGVO: Keine Haftungsbefreiung bei Fehlverhalten von Beschäftigten

RA Kanzlei Harzewski, 02.04.2024

 

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EuGH, Urteil vom 11.04.2024 in der Rechtssache C‑741/21

Hintergrundsachverhalt:

17 Der Kläger des Ausgangsverfahrens, eine natürliche Person, die als selbständiger Rechtsanwalt tätig ist, war Kunde von XXXXX, einer Gesellschaft, die eine juristische Datenbank betreibt.

18 Nachdem er erfahren hatte, dass seine personenbezogenen Daten von XXXXX auch für Zwecke der Direktwerbung genutzt wurden, widerrief der Kläger des Ausgangsverfahrens am 6. November 2018 schriftlich alle seine Einwilligungen, von diesem Unternehmen per E‑Mail oder per Telefon Informationen zu erhalten, und widersprach jeglicher Verarbeitung dieser Daten mit Ausnahme des Versands von „Newslettern“, die er weiterhin beziehen wollte.

19 Trotz dieses Vorgehens erhielt der Kläger des Ausgangsverfahrens im Januar 2019 zwei Werbeschreiben, die ihn namentlich ansprechend an seine Geschäftsadresse geschickt wurden. Mit Schreiben an XXXXX vom 18. April 2019 wies er diese Gesellschaft auf seinen früheren Widerspruch gegen jegliche Werbung hin, teilte ihr mit, dass die Erzeugung dieser Werbeschreiben zu einer rechtswidrigen Verarbeitung seiner Daten geführt habe, und verlangte von ihr Schadenersatz nach Art. 82 DSGVO. Nachdem er am 3. Mai 2019 ein neues Werbeschreiben erhalten hatte, erklärte er abermals seinen Widerspruch, der juris dieses Mal per Gerichtsvollzieher zugestellt wurde.

 

43 Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen ist, dass ein Verstoß gegen Bestimmungen dieser Verordnung, die der betroffenen Person Rechte verleihen, für sich genommen nicht ausreicht, um unabhängig vom Schweregrad des von dieser Person erlittenen Schadens einen „immateriellen Schaden“ im Sinne dieser Bestimmung darzustellen.

 

54 Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 82 DSGVO dahin auszulegen ist, dass es für eine Befreiung des Verantwortlichen von seiner Haftung nach Art. 82 Abs. 3 dieser Verordnung nicht ausreicht, dass er geltend macht, dass der in Rede stehende Schaden durch ein Fehlverhalten einer ihm im Sinne von Art. 29 der Verordnung unterstellten Person verursacht wurde.

 

65 Folglich ist auf die dritte und die vierte Frage zu antworten, dass Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen ist, dass zur Bemessung des Betrags des auf diese Bestimmung gestützten Anspruchs auf Schadenersatz zum einen die in Art. 83 dieser Verordnung vorgesehenen Kriterien für die Festsetzung des Betrags von Geldbußen nicht entsprechend anzuwenden sind und zum anderen nicht zu berücksichtigen ist, dass die Person, die Schadenersatz verlangt, von mehreren Verstößen gegen die Verordnung betroffen ist, die sich auf denselben Verarbeitungsvorgang beziehen.