KZBV berichtet von: Große Protestaktion gegen den politischen Sparkurs in der zahnmedizinischen Versorgung

Am 3. Mai 2023 fand in der Gelsenkirchener Veltins-Arena eine groß angelegte Protestaktion der Zahnärzteschaft gegen den derzeitigen politischen Sparkurs von Gesundheitsminister Karl Lauterbach statt. Initiiert und organisiert wurde die Veranstaltung von den Landesverbänden Nordrhein und Westfalen-Lippe des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ). Im Fokus der Kritik stand dabei das im vergangenen Jahr verabschiedete GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG), durch das die Mittel für zahnärztliche Leistungen ab 2023 durch eine strikte Budgetierung begrenzt und damit die erforderlichen Finanzmittel für die dringend notwendige neue präventionsorientierte Parodontitistherapie zur Disposition gestellt wurden. Zugleich stellen die Einsparungen eine direkte Gefahr für die flächendeckende zahnärztliche Patientenversorgung vor allem in ländlichen und strukturschwachen Regionen in Deutschland dar.

Zur Protestaktion auf Schalke erschienen mehr als 1.100 Teilnehmer, die mit Trillerpfeifen und „Roten Karten“ lautstark auf die gesundheitlichen Gefahren für die Patientinnen und Patienten hinwiesen, die von der derzeitigen Gesundheitspolitik ausgehen.

Martin Hendges, der im März zum neuen Vorsitzenden des Vorstandes der KZBV gewählt worden war, stellte in seiner Rede die bislang erstklassige zahnmedizinische Versorgung in Deutschland heraus. Nun drohe aber der Abstieg in die Zweitklassigkeit. Das GKV-FinStG begrenze das Wachstum der Punktwerte, budgetiere die Gesamtvergütung, begrenze deren Zuwachs und verhindere vor allem aber auch einen geordneten Roll-out der neuen Parodontitis-Therapiestrecke. Dadurch gefährde das Gesetz die Versorgung, bringe Praxen in wirtschaftliche Probleme und stelle die flächendeckende Sicherstellung der zahnärztlichen Versorgung in bestimmten Regionen ernsthaft infrage.

Hendges erläuterte darüber hinaus, dass die gemeinsam mit der Wissenschaft, den Krankenkassen, dem Gemeinsamen Bundesausschuss und der Politik konsentierte und als großer Erfolg gefeierte PAR-Richtlinie, die erst 2021 beschlossen worden war, quasi über Nacht zur Disposition gestellt worden sei. Dabei sei bekannt gewesen, in welcher Höhe Mittel für die PAR-Strecke eingeplant werden mussten, um die Versorgung der Patientinnen und Patienten sicherzustellen. Trotz aller Forderungen aus der Zahnärzteschaft und der Politik, sei die PAR-Behandlung nicht von der Budgetierung ausgenommen worden.

Dies bezeichnete Hendges als einen unverdaulichen toxischen Polit-Cocktail, der rein der Kostendämpfung folge. Das Gesetz werde fatale Folgen für die Versorgung haben und den Patientinnen und Patienten über Jahre hinweg schaden.

Hendges betonte, dass die Vertreter der Zahnärzteschaft während des gesamten Gesetzgebungsverfahrens unter Hochdruck und mit aller Energie daran gearbeitet hätten, um die negativen Auswirkungen dieses Gesetzes auf die Versorgung zu verhindern oder zumindest so weit wie möglich abzumildern. Aber man habe erleben müssen, wie sich die Politik auf die Seite der Kostendämpfung geschlagen und damit letztendlich gegen die Versorgung und die berechtigten Ansprüche der Versicherten gestellt habe. Das Gesetz sei ein Frontalangriff auf die Gesundheit der Patientinnen und Patienten und ein Frontalangriff auf die Zahnärzteschaft. Dass Lauterbach im vollen Wissen um die unausweichlichen Folgen der fehlenden Finanzierung im Hinblick auf die Versorgung der Menschen immer wieder verspräche, dass es keine Leistungskürzungen geben werde, könne nur als politischer Zynismus bewertet werden.

Es sei zu befürchten, dass mit dem GKV-FinStG noch nicht das Ende der Sparpolitik erreicht sei, so Hendges. Die GKV-Finanzierung ist und bleibe angespannt und das GKV-FinStG sei nur ein Notpflaster für 2023 gewesen. Deshalb sei darin auch festgelegt worden, dass das BMG bis zum 31. Mai 2023 Empfehlungen für eine Finanzreform erarbeiten soll. Auch sei das BMG verpflichtet worden, die Ergebnisse der Evaluation der Auswirkungen es GKV-FinStG auf die PAR-Versorgung bis zum 30. September 2023 vorzulegen. Darauf, so Hendges, müsse man extrem gut vorbereitet sein. Die Zahnärzteschaft brauche dringend eine breit angelegte öffentliche Diskussion über die Folgen der Kostendämpfungspolitik, der sich Minister Lauterbach nicht entziehen könne. Vor diesem Hintergrund kündigte Hendges die gemeinsame Kampagne „Zähne zeigen“ der KZBV mit den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen der Länder und im Schulterschluss mit der Bundeszahnärztekammer, den Länderzahnärztekammern und Verbänden an, die in den kommenden Wochen starten werde. Diese solle die Auswirkungen der derzeitigen Politik auf die präventionsorientierte Patientenversorgung verdeutlichen.

An die Praxisteams gerichtet betonte Hendges, dass sie das Rückgrat der Praxen seien. Er zeigte sich erfreut, dass so viele ZFA zu der Protestaktion gekommen seien. Diese verdienten die allerhöchste Wertschätzung, nicht zuletzt wegen ihres großen Einsatzes während der Corona-Pandemie. Mit den Spargesetzen und den für MFA und ZFA ausgebliebenen staatlichen Corona-Prämien würden sich auch die Rahmenbedingungen für Fachkräfte verschlechtern. Minister Lauterbach entreiße durch seine Kostensenkungspolitik jegliche Grundlage zur Stärkung und Aufwertung der Gesundheitsberufe in der ambulanten Versorgung.

Neben Hendges sprachen auch der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Prof. Christoph Benz, die Präsidentin des Verbands medizinischer Fachberufe, Hannelore König, der Vorsitzende der Freien Ärzteschaft, Wieland Dietrich, und der Bundesvorsitzende des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte, Harald Schrader bei der Protestveranstaltung.

Quelle: KZBV, Pressemitteilung vom 03.05.2023 (Newsletter vom 02.06.2023)