DGB Ausbildungsreport 2016: Berufsbildungsgesetz endlich novellieren

Fast 60 Prozent der Auszubildenden kommen krank zur Arbeit, über die Hälfte sind durch schlechte Ausbildungsbedingungen und -anforderungen am Ausbildungsplatz stark belastet und ein Drittel der Azubis leistet Überstunden. Einem Drittel der Auszubildenden (33,6 Prozent) liegt kein betrieblicher Ausbildungsplan vor und eine Überprüfung der Ausbildungsinhalte ist ihnen daher nicht möglich. Jeder Zehnte Auszubildende (10,6 Prozent) übt regelmäßig ausbildungsfremde Tätigkeiten aus. Bei 13,4 Prozent der Auszubildenden findet eine fachliche Anleitung durch den Ausbilder überhaupt nicht oder nur selten statt. Das sind einige Ergebnisse des Ausbildungsreports, den die DGB-Jugend nun zum elften Mal infolge vorstellt.

„Die duale Ausbildung war jahrzehntelang der Garant für gute Fachkräfte, die Qualität der Ausbildung schwindet aber in vielen Bereichen“, sagt die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. „Wer über unbesetzte Ausbildungsplätze klagt, muss qualitativ gute Ausbildungsplätze mit Perspektive anbieten. Der Report belegt erneut, dass gerade die Branchen über Azubi-Mangel klagen, die seit Jahren für ihre schlechten Ausbildungsbedingungen bekannt sind. Hier sollte der Gesetzgeber mit Novelle des Berufsbildungsgesetzes endlich einschreiten.“ Zur Situation auf dem Ausbildungsmarkt sagte Hannack: „Auch wenn wir im Vergleich zum Vorjahr eine etwas entspanntere Lage haben, ist dies längst kein Grund zur Entwarnung. Die Selbstverpflichtung der Wirtschaft blendet die hohe Zahl der Geflüchteten aus und reicht daher bei weitem nicht aus. Es sind deutlich mehr Anstrengungen der Arbeitgeber notwendig. Sie müssen weg von ihrer Bestenauslese und wieder mehr Ausbildungsplätze auch für Hauptschülerinnen und -schüler anbieten.“

Florian Haggenmiller, DGB-Bundesjugendsekretär: „Seit mehr als zehn Jahren stellen wir erhebliche Missstände in der Ausbildungsqualität fest, ohne dass es relevante Verbesserungen gegeben hätte. Wenn die Betriebe es nicht hinbekommen die duale Ausbildung zu verbessern, muss die Politik handeln. Um die Ausbildungsqualität in allen Branchen zu steigern, muss das Berufsbildungsgesetz novelliert werden. In das Gesetz gehört ein rechtlicher Anspruch auf einen betrieblichen Ausbildungsplan der die Inhalte der Ausbildung regelt, sowie eindeutige Vorschriften, um Überstunden zu vermeiden. Es ist ein Armutszeugnis, wenn Druck, Stress und schlechte Ausbildungsbedingungen für sehr viele junge Menschen schon am Anfang ihres Arbeitslebens stehen.“

Zwar sind die meisten Auszubildenden (71,7 Prozent) mit ihrer Ausbildung zufrieden – es gibt aber erhebliche Branchenunterschiede: Mechatroniker, Industriekaufleute und Zerspanungsmechaniker sind über Durchschnitt zufrieden. Fachverkäufer des Lebensmittelhandwerks, Zahnmedizinische Fachangestellte, Malerinnen sowie Auszubildende in Teilen des Hotel- und Gaststättenbereichs bewerten ihre Betriebe hingegen mangelhaft. „Besonders in diesen Berufen bleiben in jedem Jahr viele Ausbildungsstellen unbesetzt. Hohe Vertragslösungsquoten sind in diesen Ausbildungsberufen die Regel“, sagte Florian Haggenmiller.

An der repräsentativen Befragung haben sich 13.603 Auszubildende aus den laut Bundesinstitut für Berufsbildung 25 häufigsten Ausbildungsberufen beteiligt.

Quelle: DGB Pressemitteilung Nr. 84 vom 01.09.2016

 

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Dass es nach wie vor enormen Handlungsbedarf gibt, zeigt der Ausbildungsreport der DGB-Jugend, der seit nunmehr elf Jahren seinen Beitrag zur Qualität am Ausbildungsmarkt leistet – und der erhebliche Mängel aufdeckt. Befragt wurden 13.603 Auszubildende aus den laut Bundesinstitut für Berufsbildung 25 meistfrequentierten Ausbildungsberufen im dualen System. Auch wenn ein Großteil der Auszubildenden mit seiner Ausbildung zufrieden ist: Es gibt immense Probleme im Hotel- und Gaststättenbereich, im Lebensmittelhandwerk, im zahnmedizinischen Bereich sowie bei Maler_innen und Lackierer_innen. Kennzeichen sind lange Arbeitszeiten, häufige Überstunden, eine mangelnde Ausbildungsqualität und eine unterdurchschnittliche Vergütung. Folglich werden diese Berufe als immer unattraktiver angesehen.

Auch bei den Zahnmedizinischen Fachangestellten, den Maler_innen und Lackierer_innen und den Fachverkäufer_innen im Lebensmittelhandwerk hat sich offenbar wenig an den Rahmenbedingungen geändert, sodass diese Berufe sich ebenfalls erneut am unteren Ende des Gesamt-Rankings wiederfinden.