Zweckentfremdung eines Mitteilungsblattes – oder wie ein schlechter HÖRZU-Artikel genutzt werden kann, um den DAZ zu diffamieren und bestehende Probleme weiter zu verschweigen

Im Mitteilungsblatt der Berliner Zahnärzte MBZ 07-08/2014 heißt es auf S. 20:

„Der Bericht „Skandalakte Zahnarzt – kein anderer Mediziner bittet seine Patienten so systematisch zur Kasse “ in der Hörzu vom 23.05.2014 schlug große Wellen. Zuvor vom Deutschen Arbeitskreis für Zahnheilkunde (DAZ) herausgegebene Pressemitteilungen wurden in diesem Bericht zitiert. Über das gesamte Verhalten des DAZ in dieser Angelegenheit äußerte der KZV-Vorstand seinen Unmut. In der Berliner Patientenberatung gibt es so gut wie keine Hinweise für Probleme dieser Art. Sofern Fragen hierzu aufkommen, nennt die Patientenberatung Zahnärzte, die Amalgamfüllungen vornehmen. Darüber hinaus sind Zuzahlungen der Patienten bei einigen Behandlungen vom Gesetzgeber gewollt (Stichwort: Mehrkostenregelung, Zahnersatz).“

Man könnte diesen Teil des Berichtes über die Vertreterversammlung der KZV vom 23.06.2014 mit einem Kopfschütteln über die miserable journalistische Qualität beiseite legen, wenn er nicht in so übler Weise gegen den Deutschen Arbeitskreis für Zahnheilkunde (DAZ) gerichtet wäre. Weil er so schlecht geschrieben ist und keine fassbare Information transportiert, bleibt beim Leser dieses MBZ-Artikels nur der „Unmut über den DAZ“ hängen.

Und damit ist erreicht, was erreicht werden soll: Verunglimpfung und Verunsicherung mit dem Ziel polemischer Stimmungsmache gegenüber den Kolleginnen und Kollegen in der Vertreterversammlung, die in berufspolitischen Fragen eine andere Meinung vertreten.

Der MBZ-Leser, der mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit den HÖRZU-Text nicht kennt, erfährt nur: Die Zeitschrift hat etwas verbreitet, was „große Wellen“ schlug und worüber der KZV-Vorstand seinen Unmut kundtut. Für die schlimme HÖRZU-Veröffentlichung hat offensichtlich der DAZ die Vorlage geliefert, denn seine „Pressemeldungen wurden in diesem Bericht zitiert“. Der KZV-Vorstand äußerte seinen Unmut über „das gesamte Verhalten des DAZ“ – worin dieses bestand bzw. besteht, bleibt im Dunkeln.

Dabei fragt sich, ob überhaupt einer derjenigen, die sich über HÖRZU und DAZ aufregen, den HÖRZU-Artikel gelesen hat. Denn darin wird keine einzige DAZ-Pressemeldung zitiert. Allerdings werden Aussagen verschiedener Zahnmediziner, darunter zwei DAZ-Zahnärztinnen, und einer UPD-Patienten-Beraterin berichtet, wobei jeweils der Eindruck erweckt wird, als hätten diese dem HÖRZU-Autor Rede und Antwort gestanden. Tatsächlich hat der HÖRZU-Redakteur nicht eine einzige Person befragt sondern sich aus einem Buch verschiedene Zitate zusammengeklaubt und diese z.T. noch entstellt wiedergegeben. Der DAZ hat, nachdem er von der Veröffentlichung erfuhr, postwendend mit einem Beschwerdebrief an die HÖRZU-Redaktion und einer Pressemeldung, die auch an die KZV Berlin ging, reagiert. Er rügte die reißerische Aufmachung und das unseriöse journalistische Vorgehen und forderte eine Richtigstellung von der HÖRZU. Als diese ausblieb, legte er Beschwerde beim Deutschen Presserat ein.

Bei aller berechtigten Empörung über den schlechten HÖRZU-Journalismus gilt es anzuerkennen, dass in dem Artikel u.a. auch tatsächlich bestehende Probleme der zahnmedizinischen Versorgung angesprochen wurden, mit denen die Selbstverwaltung – also auch die KZV Berlin – sich auseinander setzen sollte. Da ist es nicht genug, sich damit herauszureden, dass es in „der Berliner Patientenberatung“ … „so gut wie keine Hinweise für Probleme dieser Art“ gibt. Auch hier formuliert das MBZ so ungenau, dass der Leser zunächst nur darüber spekulieren kann, was eigentlich mit „Problemen dieser Art“ gemeint ist, denn bisher wurde noch kein einziges Problem genannt. In den nachfolgenden Sätzen ist von Amalgamfüllungen und Leistungen mit Zuzahlungen die Rede. Sollten das Problembereiche sein?

Aber da kann die KZV Berlin keine Probleme erkennen. Denn zum einen hat der Gesetzgeber Zuzahlungen beim Zahnersatz und in der Füllungstherapie selbst gewollt und eingeführt und zum anderen hilft die KZV ja Patienten mit einer Liste von Zahnärzten, die Amalgamfüllungen legen, weiter.

Was heißt denn nun dieses? Amalgamfüllungen sind DIE im BEMA vorgesehene Versorgung im Seitenzahnbereich. Aber inzwischen verweigern offensichtlich schon so viele Vertragszahnärzte die Erbringung dieser Vertragsleistung, dass die KZV Berlin sich gezwungen sieht, für Rat suchende Patienten eine Liste vorzuhalten.

Was der Artikel im MBZ verschweigt, ist:

Nicht nur der Deutsche Arbeitskreis für Zahnheilkunde (www.daz-web.de) beobachtet seit einiger Zeit zunehmende Einschränkungen im Zugang der gesetzlich versicherten Patienten zu einer zahnärztlichen Behandlung auf Sachleistungsbasis (ohne Zuzahlung). Inzwischen gibt es eine solche Fülle von „Einzelfallberichten“ von Kollegen, Patientenberatungen und GKV-Sorgentelefonen, dass von einer klaren Erkenntnislage zu dem Problem ausgegangen werden muss. Wie dieses auch in der KZV Berlin bekannte Problem behandelt wird, ist der eigentliche Skandal!

Jetzt wird deutlich:

Auch in Berlin können GKV Patienten offensichtlich zunehmend nicht mehr davon ausgehen, dass jeder Vertragszahnarzt zuzahlungsfreie vertragszahnärztliche Grundleistungen anbietet oder die zu versorgenden Patienten darüber zumindest neutral und umfassend informiert werden.

Aufgrund häufiger Anfragen bei der KZV wurde offenbar mit dem Segen des Vorstandes eine Liste von Kolleginnen und Kollegen erstellt, um Rat suchenden Patienten entsprechende Hinweise geben zu können, welche Zahnärzte (noch) bereit sind, Amalgamfüllungen zu legen. Diese Liste ist nicht auf der Basis einer Umfrage unter allen Berliner Praxen gefertigt worden – sonst hätte die KZV schließlich ganz offiziell zugeben müssen, dass es hier ein Problem gibt.

Indem sie selbst auf die Liste verweist, bestätigt die KZV zum ersten Mal, was lange Zeit allenfalls als eher marginales Problem dargestellt worden ist. Zugleich wird deutlich, dass die KZV Berlin offiziell Schützenhilfe leistet wenn sich Zahnärzte aus zuzahlungsfreien Teilen der Kassenbehandlung verabschieden.
Statt dem DAZ undifferenzierte Zahnarztschelte zu unterstellen, mit der er nichts zu tun hat, sollten die drei hauptamtlichen Vorstandsmitglieder der KZV Berlin mal eher nachdenken über vertragszahnärztliche Pflichten, deren Wahrung schließlich ihre – gut bezahlte – Aufgabe ist. Wie heißt es doch in § 128, Abs 5a SGB V:

„Vertragsärzte, die unzulässige Zuwendungen fordern oder annehmen oder Versicherte zur Inanspruchnahme einer privatärztlichen Versorgung anstelle der ihnen zustehenden Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung beeinflussen, verstoßen gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten.“

Dr. Celina Schätze, DAZ-Vorsitzende
celina.schaetze@web.de

 

P.S. Verband legt mit Schmähschrift nach

In der letzten Ausgabe der Mitgliederzeitung des Verbandes schreibt der Vorsitzende Dr. Kopp in ausuferndem Stil und teilweise fehlerhaftem Deutsch auch einen Text zu dem Zahnärzte-als-Abzocker-Artikel in der HÖRZU. Was er sagen möchte, ist nicht klar zu verstehen, nur zu erahnen. Aus einigen Schlüsselwörtern und in Kenntnis seiner Wagenburgmentalität wie auch seiner tief sitzenden Abneigung gegen den DAZ kann man interpretieren, dass der DAZ und sein Vorstand als notorische Nestbeschmutzer, Neidhammel und – vor allem – politische Dilettanten diffamiert werden sollen. Der Versuch ist – für den Verband „leider“ – wegen seiner schwadronierenden, fehlerhaften, nebulösen, plump-dreisten Form kein wirklicher Erfolg gewesen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem Machwerk ist wegen der fehlenden Aussagen nicht möglich. Der Text ist nur furchtbar peinlich.

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