KVWL strukturiert Finanzanlagen neu Vorstand und Vertreterversammlung ergreifen Sofortmaßnahmen zur Aufklärung drohender Abwertungsrisiken

aerzteblatt.de, 12.02.2024:

 

Weiterführend:

KVWL strukturiert Finanzanlagen neu

Vorstand und Vertreterversammlung ergreifen Sofortmaßnahmen zur Aufklärung drohender Abwertungsrisiken

Die Mitglieder der Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) haben am Freitag (23. Februar) in Dortmund mit Blick auf die Finanzanlagen der Körperschaft umfassende Antworten gefordert. Vorstandsvorsitzender Dr. Dirk Spelmeyer:

„Es wurde sehr offen und hart in der Sache diskutiert. Wir haben den gewählten Vertretern der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten eine transparente und rückhaltlose Aufklärung zugesichert – dieses Versprechen erweitern wir auf die gesamte Ärzte- und Psychotherapeutenschaft in Westfalen-Lippe. Und den Bürgerinnen und Bürgern versichern wir: Die ambulante Gesundheitsversorgung der Bevölkerung ist gesichert.“

VV-Vorsitzender Dr. Ulrich Oeverhaus stellte dar, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um Klarheit über jenen Teil der Finanzanlagen zu bekommen, die aktuell mit einem Abwertungsrisiko behaftet sind. Dabei geht vor allem um sogenannte Schuldscheindarlehen (SSD), mit denen die KVWL Geld in Grundstücke und Immobilien investiert hat. Aufgrund der sich zuspitzenden Immobilienkrise ist die Rückzahlung eines Teils dieser Darlehen gefährdet. Im vergangenen Oktober war mit Dr. André Große Vorholt ein auf Wirtschaftsfragen spezialisierter Rechtsanwalt mit der Prüfung der risikobehafteten Finanzanlagen beauftragt worden.

Die KVWL sei bezüglich dieser Investitionen „in guter Gesellschaft“, so Große Vorholt. Diese Anlageform sei grundsätzlich für institutionelle Anleger durchaus üblich. Man habe es allerdings versäumt, die angebotenen Finanzprodukte detailliert zu prüfen und externe Gutachter zu beauftragen. Zusätzlich sei durch die mangelnde Streuung der Finanzanlagen ein Risiko entstanden.

Wie groß ist das Risiko?

Rechtsanwalt Große Vorholt machte deutlich, dass es zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich sei, das tatsächliche finanzielle Risiko seriös zu beziffern. Es gebe Abwertungsrisiken im zweistelligen Millionenbereich. Was davon jedoch tatsächlich als bilanzieller Verlust zu Buche schlage, hänge von vielen Faktoren ab. So könne sich zum Beispiel eine Belebung des Immobilienmarktes positiv auf die zur Rückzahlung anstehenden Schuldscheindarlehen auswirken. Um den Realverlust für die KVWL so gering wie möglich zu halten, warb er bei den ebenfalls anwesenden Vertretern des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums, das die Rechtsaufsicht über die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) ausübt, um Geduld und die Bereitschaft zu konstruktiven Gesprächen.

Aus der Vertreterversammlung kamen zahlreiche Vorschläge, wie man in Zukunft solch problematische Situationen vermeiden kann. Quer durch alle Fraktionen waren der Wille und die Bereitschaft zu spüren, notwendige Maßnahmen schnell umzusetzen. Zu den diskutierten Maßnahmen gehörten zum Beispiel ein stärkeres Einbeziehen externer Finanzfachleute sowie eine transparentere Informationspolitik.

„Sonder-VV“ am 19. März

Spelmeyer stellte dar, wie die Liquidität der Körperschaft gesichert werde und wies darauf hin, dass die derzeit zur Neubewertung anstehenden Finanzanlagen nur einen Teil des Anlagevermögens der KVWL ausmachen. „Die KVWL war und ist jederzeit in der Lage, alle finanziellen Forderungen gegen sie uneingeschränkt zu erfüllen“, so der KV-Chef. Gemeinsam mit seinem Vorstandskollegen Dr. Volker Schrage informierte Spelmeyer über die kommissarische Neuordnung der Vorstandsressorts und über weitere eingeleitete interne Sofortmaßnahmen. Es werde außerdem eine weitere Vertreterversammlung am 19. März ausschließlich zu diesem Thema geben. Die KVWL wird ihre Mitglieder zudem in der kommenden Ausgabe ihres Mitgliedermagazins „KVWL kompakt“ ausführlich über die aktuelle Situation informieren.

Spelmeyer betont im Nachgang zur Vertreterversammlung: „Wir haben die Kritik der ersten Tage aus Ärzteschaft und Öffentlichkeit vernommen und verstanden.“ Ziel sei jetzt auch eine bessere Abstimmung mit den Gremien der KVWL.

Quelle: KV Westfalen-Lippe, Pressemitteilung vom 27.02.2024