Offener Brief zum Artikel „Der Pinguin-Effekt“ (Update 18.07.2008 mit Widerruf)

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Gerhard Gneist
ZAHNARZT
Spießweg 35
13437 Berlin
Tel: 030-411 24 94

30. Juni 2008 (Update 18.07.2008 mit Widerruf)

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Herrn
Dr. Jürgen Gromball
xxxx Straße
13595 Berlin

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Ihr Artikel „Der Pinguin-Effekt

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Lieber Herr Kollege Gromball,

in Ihrem oben genannten Artikel sinnieren Sie über Kollegialität. Dieses Prinzip Kollegialität stammt aus dem katholischen Kirchenrecht und verpflichtet die Bischöfe dazu, die Einheit der Kirche zu bewahren und den Papst in seiner Leitung zu unterstützen.
In der heutigen Zeit kann man es als fairen und rücksichtsvollen Umgang unter Berufskollegen definieren.
Lieber Herr Gromball, damit sind heutzutage aber alle Berufskollegen gemeint, nicht nur „die Päpste“, d.h. die Funktionäre in Versorgungswerk, Kammer und KZV.

Es ist schwer erträglich, wenn Sie über Kollegialität und gemeinsames kollegenorientiertes Handeln, Streitkultur und berufspolitische Strategien schwadronieren.

Ich erinnere mich gerne an den Abend, als Sie und drei weitere Mitglieder der Vertreterversammlung der KZV Berlin mich zu Hause besuchten. Es waren fünf verschiedene zahnärztliche Verbände vertreten und wir haben uns über den Rechnungsprüfungsbericht für das Jahr 2005 unterhalten. Wie bereits für 2003, die Staatsanwaltschaft ermittelt übrigens immer noch, deckte auch diesmal der Rechnungsprüfungsausschuss (RPA), trotz massiver Behinderungen, die kaum gehemmte Selbstbedienungsmentalität unserer hauptamtlichen Vorstandskollegen auf.

Empört und verärgert waren Sie über das Geburtstagsgeschenk der Vorstandskollegen zu Ihrem 60. Geburtstag, welches über die KZV abgerechnet wurde. Sie hatten die Herren Dres. Husemann und Pochhammer privat eingeladen. Es wurden auf Kosten der Berliner Vertragszahnärzte zwei Kochbücher und andere dubiosen Dinge abgerechnet, die Sie nach Ihrer Aussage gar nicht alle bekamen. (Achtung, bitte Widerruf am Ende mitlesen!)*
Auch Sie waren entrüstet über derartige moralische Verdorbenheit, aber was taten Sie?

Wenige Tage später stimmten Sie für die Entlastung eben dieses Vorstandes.
Sie deckten damit, wie die übrigen drei Vertreter Ihres Verbandes (Freier Verband Deutscher Zahnärzte), die Unregelmäßigkeiten des Vorstandes. Das war eine klare Entscheidung gegen eine interne – aber in der Sache klare und damit kollegiale – Aufarbeitung dieser Praktiken.

Wieder einmal verpassten Sie, Herr Kollege Gromball, sowie die Herren Kollegen Essink (Vorsitzender des Verwaltungsausschusses des Versorgungswerkes), Geist (Vizepräsident der Zahnärztekammer Berlin) und Dr. Tunjan die Chance, konsequent und intern die Selbstreinigungskräfte der Berliner Vertragszahnärzteschaft zu unterstützen.
Soll man denn aus dem Abstimmungsverhalten Ihrer Verbandskollegen Essink und Geist Rückschlüsse auf Spesenabrechnungspraktiken in Versorgungswerk und Zahnärztekammer ziehen? Da wird der Eindruck in der Berufsöffentlichkeit erweckt, derartiges Verhalten sei akzeptabel.
Sie haben der Berliner Zahnärzteschaft damit einen Bärendienst erwiesen.

Nennen Sie das Kollegialität?

Sie beglichen in Ihrer Zeit als Vizepräsident der Zahnärztekammer eine private Massensendung aus deren Portokasse. Nachdem die IUZB im Kammerwahlkampf 2006 auf diese Verfehlung hinwies, beauftragten Sie einen Anwalt, um dagegen vorzugehen – vergebens! Ihre Anwaltskosten wurde von der Zahnärztekammer Berlin beglichen.
Ob Sie sich dafür beim Kammerpräsidenten Herrn Kollegen Schmiedel bedankt haben, weiß ich nicht. Ihr „Danke schön“ an die Berliner Zahnärzteschaft, die Ihre Anwaltskosten von ihren Kammerbeiträgen zahlen musste, fehlt bisher.

Nennen Sie das Kollegialität?

Was sind nun Ihre eigenen Konzepte und Ihre politischen Strategien?
Seit dem ich Sie in Kammer und KZV erleben durfte, ist es ihnen vorzüglich gelungen, diese vor mir geheim zu halten. Und anderen Kollegen geht es ähnlich. Wenn man die KZV abschaffen will und dann doch für deren Vertreterversammlung kandidiert – unter „Pseudonym“……
Kollegialität ist für Sie nur ein Vorwand, um gegen die IUZB bzw. alle oppositionellen Kollegen aus der Vertreterversammlung Stimmung zu machen. Die – kaum vermeidbare – Kritik an der Funktionärswirtschaft dient nur als Einstieg für die Hetze gegen die, die sich gegen die Funktionärswirtschaft wehren.
Da muss das Ansehen des Berufsstandes herhalten, das durch die Veröffentlichung geschädigt werden soll. Wie wäre es noch mit dem Vorwurf der „Nestbeschmutzung“?

Tatsächlich verwechseln Sie Ursache mit Wirkung: Die IUZB beschädigt und beschmutzt nicht, sie macht nur darauf aufmerksam, wo dies unter dem Mantel der Kollegialität geschieht und/oder verschleiert werden soll und will dies in Zukunft – mit entsprechenden Mehrheiten – verhindern.

Aber verwechseln Sie hier wirklich nur etwas, oder geht es um bewusste Verdrehung und Verschleierung? Ich hoffe das Erstere und befürchte das letztere ….

Übrigens: Um in Ihrem Bild zu bleiben, sollte man den gesellschaftlichen Wandel nicht als antarktischen Sturm sehen, der auch einmal vorübergeht – und dann scheint die Sonne wieder. Wir befinden uns – weiter in diesem Bild – im Klimawandel, wo die alten Instinkte nur begrenzt weiterhelfen.

Soviel zur Strategie ….

Mit kollegialen Grüßen

G. Gneist

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*Achtung, Widerruf!
In der ersten Version des offenen Briefes war von einem Harry-Potter-Buch die Rede, welches auf Kosten der Berliner Vertragszahnärzte als Geburtstagsgeschenk abgerechnet wurde. Das ist falsch. Das Buch taucht zwar auf dem Kaufbeleg auf, Herr Dr. Husemann hat den Kaufpreis aber nicht von der KZV erstattet bekommen.
Herr Dr. Husemann hat mich aufgefordert, diese Behauptung in Zukunft zu unterlassen.
Das reicht nach meiner Auffassung nicht, so etwas muss richtig gestellt werden.
Es gibt genug über die Amtsführung von Herrn Dr. Husemann zu sagen, da brauchen wir falsche Vorwürfe nicht. Ich entschuldige mich hiermit für diesen einen, falschen Vorwurf.

Gerhard Gneist