Stellungnahme zum Rundschreiben des VZB vom 04.08.2025

Am 04.08.2025 wurde ein Rundschreiben, offensichtlich im Namen des Verwaltungsausschusses, unterzeichnet vom Vorsitzenden Schieritz, über das Mitgliederportal des VZB verbreitet. Obwohl das Schreiben nur im Intranet den Mitgliedern zugestellt wurde, berichten bereits am 05.08.2025 die öffentlichen Medien über dessen Inhalt (z.B. Berliner Zeitung, später RBB 24 mit Bezug auf Berliner Zeitung usw.). Der Ductus, sowie der Inhalt des Rundschreibens schüren Sorgen und Ängste bei den Mitgliedern, ebenso Wut. Gleichzeitig verbinden die Mitglieder des Verwaltungsausschusses mit dem stark polarisierenden Text die Gelegenheit zu einem Wahlaufruf für die Kammerwahl im Nov/Dez diesen Jahres und verlegen das seit Anfang 2025 bereits für den 06.12.2025 festgelegte Datum für die Vertreterversammlung um eine Woche vor, in den Wahlzeitraum hinein.

Es stellt sich die Frage, ob ein solches Rundschreiben und dessen publikumswirksame Presseveröffentlichung, zum jetzigen Zeitpunkt im Interesse der Mitglieder unseres Versorgungswerks sein kann?

Will man sich die Frage beantworten, können belastbare Hintergrundinformationen und nachprüfbaren Fakten sehr hilfreich sein:

1. Die Beauftragung der durch Fachanwälte für Korruptionsstrafrecht geführten internen Untersuchung erfolgte im Februar 2025 durch die in dem Rundschreiben gescholtenen Mitglieder des Verwaltungs- und Aufsichtsausschusses selbst. Auch eine Sonderprüfung durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Baker Tilly wurde beauftragt (vgl. Protokoll der VV vom 22.02.2025).

2. Die prüfenden Strafrechtsfachanwälte wurden durch die Mitglieder des Verwaltungsausschusses zudem beauftragt, direkt und proaktiv Kontakt zu den Strafermittlungsbehörden aufzunehmen. Dazu haben die Anwälte zeitnah (Feb/Mrz´25) bereits Gespräche mit Staatsanwälten der Generalstaatsanwaltschaft Berlin, Abteilung 13 (Amtsträgerdelikte) geführt.

3. Für die zu prüfenden Sachverhalte kommen Delikte in Frage, die als Offizialdelikte bezeichnet werden. Ein Offizialdelikt wird von der Staatsanwaltschaft von Amts wegen verfolgt, dass heißt, das dafür kein Strafantrag z.B. eines Geschädigten nötig ist. Sobald die Staatsanwaltschaft Kenntnis von einer möglichen Tat erlangt, ist sie bei Bestehen eines Anfangsverdachts verpflichtet zu ermitteln. Folglich ist die Staatsanwaltschaft schon seit Februar 2025 mit eingebunden worden, auf Veranlassung der im Rundschreiben gescholtenen Kollegen. Sie selbst haben die Überprüfung ihrer eigenen ehrenamtlichen Tätigkeit in Gang gesetzt.

4. Im Rundschreiben wird der Eindruck erweckt, als wenn die 3 Berliner Mitglieder des jetzigen Verwaltungsausschusses, die vorher über viele Jahre Mitglieder der Vertreterversammlung waren (Koll. Klutke, Miletic, Felke) keine Kenntnis von der Struktur des VZB-Anlageportfolios gehabt hätten. Auch der Kollege Dohmeier war in mehreren Legislaturperioden Mitglied der Vertreterversammlung, seit 2021 als Vorsitzendes Mitglied.

4.1. Die Art und die Zusammensetzung des VZB eigenen Beteiligungsportfolios wurde regelmäßig und umfassend in den Vertreterversammlungen vorgestellt, inhaltlich und grafisch. Die dazu verwendeten Präsentationen sind in den Protokollen einseh- und überprüfbar, ebenso die Anwesenheit der Vertreter.

4.2. Die Bewertungen der Beteiligungen des VZB wurden regelmäßig im Rahmen der Jahresabschlüsse durch wechselnde, vom Aufsichtsausschuss ausgewählte Wirtschaftsprüfungsgesellschaften auf Plausibilität und Werthaltigkeit geprüft. Die jährlichen Berichte der Wirtschaftsprüfer und auch die Präsentationsunterlagen lagen allen Vertretern, insbesondere auch den Kollegen Klutke, Miletic, Felke und Dohmeier vor und wurden durch die Wirtschaftsprüfer eingehend erläutert. Wirtschaftsprüfer werden öffentlich bestellt und sind zur Neutralität verpflichtet!

4.3. Sämtliche Jahresabschlüsse des VZB erhielten bis einschließlich 2023 uneingeschränkte Bestätigungsvermerke durch die Wirtschaftsprüfer. Darüber hinaus bestand seitens der Verwaltung des VZB ein enger und regelmäßiger Austausch mit der Aufsicht führenden Senatsverwaltung.

4.4. Die Vertreter besitzen ein uneingeschränktes Frage- bzw. Auskunftsrecht und konnten ihre Fragen ggü. den Wirtschaftsprüfern, dem Versicherungsmathematiker, den Ausschüssen, sowie ggü. dem Direktor bzw. der Verwaltung, zu jeder Zeit stellen. Es gab jedoch VV in denen die Vertreter ihr Fragerecht zu wesentlichen Tagesordnungspunkten (Kapitalanlagen, Verwaltungskosten usw.) nicht wahrgenommen bzw. überhaupt keine Fragen gestellt haben. Dies ist den VV-Protokollen zu entnehmen (z.B. TOP 6 der VV vom 11.11.2023 Diskussion zu TOP 3 bis 5 (zum Jahresabschluss 2022)).

4.5. Die VV hat im Wissen um die Struktur des Anlageportfolios in Zeiten der Null- und Minuszinsphase wohlwollend überdurchschnittliche Renditen des Versorgungswerks zur Kenntnis genommen, die insbesondere durch die unternehmerischen Beteiligungen erwirtschaftet wurden. Durch entsprechende VV-Beschlüsse konnten Dynamisierungen zugunsten aller Mitglieder ermöglicht werden; letztmalig am 26.11.2022 (Nettoverzinsung lag mit 5,4% weit über Rechnungszins). Die Kollegen Klutke, Miletic, Felke und Dohmeier waren in den vergangenen Jahren gut über die Anlagestruktur des VZB informiert und sie hätten jede Möglichkeit gehabt, sich schon in diesen renditestarken Zeiten aktiv gegen die Struktur des Anlageportfolios zu wenden. Von einem Engagement in dieser Richtung ist nichts bekannt.

4.6. Auch zum prozentualem Anteil der Beteiligungen am Gesamtanlage-Bestand und die diesen betreffende Ausleihungen (Darlehen), sowie zu der dem Grundsatz „keine Rendite ohne Risiko“ folgenden Entwicklung, z.B. der ABV-Risiko-Kennziffer (Stufe 3, höchste Risiko-Stufe), ist in Vertreterversammlungen berichtet worden. Dies ist den VV-Protokollen zu entnehmen. (ABV = Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungswerke)

4.7. Dem Verwaltungs- und dem Aufsichtsausschuss wurde in all den Jahren bis einschließlich 2023 regelmäßig die jahresabschlussbezogene Entlastung durch die VV erteilt. Die Entlastungen erfolgten bis auf das Jahr 2023 einstimmig, also ohne Gegenstimmen! Die Vertreterversammlung hat den Gremien damit attestiert, dass diese ihre satzungsbezogenen Aufgaben sorgfältig und im Sinne der geltenden Verpflichtungen ausgeübt haben. Ein Jahresabschluss 2024 liegt noch nicht vor.

4.8. Für das Jahr 2021 hatte der Aufsichtsausschuss eine zusätzliche interne Revision der Bestandsverwaltung bei den Wirtschaftsprüfern beauftragt. Im Ergebnis der Revision wurde festgestellt, dass die Verwaltung trotz knapper Personalressourcen in den Prozessabläufen gut organisiert ist und das interne Kontrollsystem ohne Einschränkungen funktioniert. Das Gebot der Risikostreuung wurde eingehalten und es bestehen keine versteckten Risiken in den Strukturen. Auch wurde lobend angemerkt, dass die Durchschnittverzinsung über 5 Jahre mit 4,05 % deutlich über dem Rechnungszins lag. Den Schwerpunkt der Kapitalanlage bildeten auch schon im Geschäftsjahr 2021 u.a. die Ausleihungen an verbundene Unternehmen und Beteiligungen. Diese Ausleihungen bzw. Darlehen waren demnach den Vertretern und damit auch den Mitgliedern des heutigen Verwaltungsausschusses nachweislich bekannt (z.B. nachlesbar im Protokoll der VV vom 26.11.2022). In dem Mitgliederrundschreiben vom 04.08.2025 wird jedoch ein gegenteiliger Eindruck erweckt.

5. In der VV vom 30.11.2024 wurde durch den Versicherungsmathematiker festgestellt, dass das VZB zum Stichtag 31.12.2023 über eine eigene Verlustrücklage und Zinsschwankungsreserve in Höhe von über 146 Mio € verfügt und der „ewige Neuzugang“ beim VZB mit rund 300 Mio € zu bewerten sei. Die Wirtschaftsprüfer von Baker Tilly gaben an, dass das VZB eines von wenigen Versorgungseinrichtungen in Deutschland sei, dass den Wert des „ewigen Neuzugangs“ noch nicht erhöhend mit einberechnen würde. Dessen Berücksichtigung könnte die finanzielle Stabilität der Renten und Anwartschaften zusätzlich absichern helfen. Wie stellt sich der aktuelle VA zur Aktivierung des „ewigen Neuzugangs“ und warum wird diese wichtige Gestaltungsmöglichkeit in dem Mitgliederrundschreiben nicht erwähnt? Würde dies nicht zu einem verantwortungsvollen Umgang mit den besorgten Mitgliedern gehören?

6. Dem VZB bot sich im ersten Halbjahr 2025 die konkrete Möglichkeit einen Betrieb mit größerer Bestandsimmobilie für einen 3-stelligen Millionenbetrag zu veräußern; es lag dafür ein indikatives Kaufangebot eines liquiden Käufers vor. Der Zufluss des Kaufpreises und die damit auch verbundene Befreiung von bisherigen Zahlungsverpflichtungen hätte das VZB wirtschaftlich erheblich stärken und flexibler machen können. Der VA unter dem Vorsitzenden Schieritz hat diesbezüglich keine Verhandlungen geführt, so dass das Angebot zurückgezogen wurde.

7. Das VZB hatte im Rahmen der Asset-Allokationsstrategie 2024 angestrebt, das Beteiligungsportfolio marktschonend und werterhaltend zu reduzieren und parallel dazu den risikoärmeren Renten-Direktbestand auszubauen. Darüber wurde mit der Senatsaufsicht kommuniziert und die VV informiert. „Marktschonend“ heißt, dass der Verkauf illiquider Anlagen – wie Beteiligungen oder Immobilien – ein mittel- bis längerfristiger Prozess ist, der Zeit braucht, um geeignete Käufer zu finden und marktgerechte Erlöse zu erzielen. Bei einem überstürzten, eiligen Vorgehen besteht die Gefahr von erheblichen Wert- und Bonitätsverlusten (Ansehen des VZB als Geschäftspartner). Wenn jetzt kurzfristig den mit dem VZB verbundenen Unternehmen vertraglich bereits zugesagte und eingeplante Finanzmittel nicht ausgezahlt werden, können bereits geschaffene Werte durch Insolvenzen in Gefahr geraten. Ein Beispiel: HanseGarnelen (https://www.shz.de/lokales/glueckstadt/artikel/hansegarnelen-in-glueckstadt-insolvent-das-ist-der-grund-48931815). Diese Beteiligung wäre laut ihrem Vorstand R. Baur in wenigen Wochen kostendeckend gewesen, trotzdem versagte der amtierende VA eine Finanzierung. Aus diesem Verhalten können zeitverzögert Abschreibungen resultieren, die die wirtschaftliche Lage des VZB zusätzlich belasten. Wenn man aufgrund der unterjährigen personellen Veränderungen im VA Aussagen über Verantwortlichkeiten treffen will, bedarf es dafür der klaren buchhalterisch-zeitlichen Abgrenzung der Abschreibungen. Diese nötige Transparenz ist unbedingt von den jetzt Verantwortlichen zu fordern. Ansonsten besteht die konkrete Gefahr, dass im Zusammenhang mit dem Berliner Kammerwahlkampf ungerechtfertigte Schuldvorwürfe postuliert werden, nur um sich auf Kosten „der anderen“ zu profilieren.

8. Versorgungswerke stehen vor nie dagewesenen Herausforderungen. Die rechtlichen Grundlagen unseres Versorgungswerks stammen größtenteils aus einer Zeit, in der sichere Renditen oberhalb des 3%igen Rechnungszinses noch selbstverständlich waren. Mittlerweile sind die Bedingungen grundlegend anders: Niedrigzins, globale Krisen, Kriege, zunehmender Protektionismus und der Klimawandel fordern neue Strategien und Strukturen in der Anlage. Jeder weiß: ohne Risiko keine Rendite. Jedoch wird es zunehmend schwieriger eine ausgewogene Balance zwischen dem angestrebten Renditezins und dem damit korrespondierenden Risiko zu finden. Damit unser Versorgungswerk diese Herausforderungen meistern kann und auf die zukünftigen Anforderungen vorbereitet ist, bedarf es dringend einer Strukturreform (u.a. einer Professionalisierung der ehrenamtlichen Gremien und der Integration fachlich geeigneter, nichtzahnärztlicher Hauptberufler (z. B. aus BWL, Bankwesen oder Rechtswissenschaft); eine Stärkung der Kontroll- und Initiativrechte; eine Doppelspitze in der Verwaltungsleitung; die Implementierung eines Risikokommunikationssystems). Unser Kollege Dr. Weiß hatte in der Delegiertenversammlung (13.02.2025) und in der Vertreterversammlung (22.02.2025) bereits daraufhin gewiesen. Dafür werden wir uns verbandsübergreifend und konstruktiv einsetzen.

Wir wollen hier nicht falsch verstanden werden: sollte tatsächlich etwas strafrechtlich Relevantes passiert sein, muss es nach lückenloser Aufklärung auch geahndet werden – das ist keine Frage.

Doch der Ausgang der Untersuchungen ist derzeit noch völlig offen und ein strafwürdiges Verhalten wurde bisher nicht nachgewiesen, trotzdem beinhaltet das bewusst in die öffentliche Presse getragene interne VZB-Rundschreiben Vorverurteilungen. Diese werden dann auch noch verbunden mit einem Hinweis auf die Kammerwahl und einer gleichzeitigen Vorverlegung der Winter-VV in den Wahlzeitraum. Vor diesem Hintergrund könnte das stark polarisierende Rundschreiben, welches sich ja an die potenzielle Berliner Wählerschaft wendet, ggfs. auch noch in einem etwas anderen Licht gesehen werden, dabei unterliegen Körperschaften des Öffentlichen Rechts (VZB) bekanntermaßen insbesondere in unmittelbaren Vorwahlzeiten eigentlich einem strengen Neutralitätsgebot.

Wir alle sollten uns zudem vergegenwärtigen, dass in Deutschland das rechtsstaatliche Prinzip der Unschuldsvermutung gilt und zwar so lange, bis das Gegenteil bestandsfest und zweifelsfrei von einem Gericht bewiesen wurde.

 

 

 

Gerhard Gneist
Mitglied der Vertreterversammlung des VZB
1. Vorsitzender IUZB e.V.

 

 

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