73. DJT 2022: Altersversorgung ist Anwaltsthema (Thematik u.a.: Anwaltsversorgungswerke in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgehen lassen?)

  • LTO Pressespiegel, 16.09.2022:

DJT – Altersversorgung von Jurist:innen: beck-aktuell (Tobias Freudenberg) berichtet über das Verhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung zu konkurrierenden Sicherungssystemen der Altersversorgung, was auf dem 73. Deutschen Juristentag (djt) in Bonn von der Abteilung Arbeits- und Sozialrecht diskutiert werden soll. Würde sich die Abteilung im Einklang mit den Forderungen ihres Vorsitzenden Rainer Schlegel (Präsident des BSG) dafür aussprechen, die Anwaltsversorgungswerke in der gesetzlichen Rentenversicherung ganz oder teilweise aufgehen zu lassen, so hätte das eine Signalwirkung.

Beck aktuell, 16.09.2022:
Altersversorgung ist Anwaltsthema

… Das Gutachten zur Abteilung hält zwar Reformen des Alterssicherungssystems für unvermeidbar, will aber an der Beamtenversorgung und den Versorgungswerken nicht rütteln. Daher befürchtete wohl zunächst niemand Ungemach. Dann ließ aber kürzlich der Präsident des BSG, Prof. Dr. Rainer Schlegel, Vorsitzender der einschlägigen Abteilung beim DJT, mit Äußerungen aufhorchen, dass auch Beamte und Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollten. Die derzeitigen Befreiungsmöglichkeiten und die Versicherungsfreiheit der Beamten und Richter seien nicht mehr zeitgemäß, sagte er im Juli beim Bayerischen Sozialrechtstag. Nach seiner Vorstellung soll die gesetzliche Rentenversicherung auch für Freiberufler als Basissystem dienen, die Versorgungswerke könnten als ergänzende betriebliche Alterssicherung erhalten werden. …

 

Siehe auch, 1. Bayerischer Sozialrechtstag vom 14./15. Juli 2022 in München:
Pressemitteilung:

Rentenversicherungspflicht für alle? Das Sozialrecht benötigt ein tragfähiges Konzept um für die kommenden Herausforderungen gerüstet zu sein.

Der Präsident des Bundessozialgerichts Prof. Dr. Rainer Schlegel plädierte für eine Rentenversicherungspflicht für alle Erwerbstätigen – einschließlich Beamte und Selbständige. Hier bestehe dringender Reformbedarf.

 

 

73. Deutscher Juristentag (DJT) Bonn 2022
vom 21.-23.09.2022

Fachthema: Arbeits- und Sozialrecht

Altersvorsorge und Demographie –
Herausforderungen und Regelungsbedarf

Die sogenannte Standardrente aus der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung liegt derzeit bei 1.538,55 Euro/Monat. Dafür muss ein „Eckrentner“ 45 Jahre lang Beiträge aus einem Durchschnittslohn zahlen (3.461,75 Euro/Monat). Die tatsächlich gezahlten durchschnittlichen Renten liegen aber weit darunter. In den alten Bundesländern haben Männer durchschnittlich 1.179 Euro Rente im Monat, Frauen 801 Euro (Stand 2021) erhalten. Die erhoffte Breitenwirkung betrieblicher und privater Altersvorsorge als weiterer Quellen der Altersvorsorge blieb bisher aus. Dies wiegt umso schwerer, als das Fundament der gesetzlichen Rentenversicherung – das Umlageverfahren – durch die demografische Entwicklung vor enorme Herausforderungen gestellt ist. Lag die Lebenserwartung im Jahr 1960 für Männer bei 66,9 und für Frauen bei 72,4 Jahren, haben Frauen heute eine Lebenserwartung von 83,4 Jahren, Männer von 78,6 Jahren. Längere Lebenserwartung bedeutet aber auch längere Rentenbezugszeit. Diese betrug 1960 rund 9,9 Jahre. 2020 waren es bereits 20,2 Jahre. Zudem entwickelt sich das Zahlenverhältnis zwischen abhängig Beschäftigten und sonstigen Beitragszahlern zur Zahl der Rentner kritisch. Der Anteil der Bevölkerung unter 18 Jahren liegt derzeit bei nur 16,5 %. Im Jahr 2025 wird der Anteil der Bevölkerung ab 65 Jahre rechnerisch rund 53 % der Gesamtbevölkerung ausmachen, im Jahr 2050 fast 74 %. Kommen heute auf 100 Beitragszahler knapp 56 Altersrentner, werden es 2030 bereits 67 sein, im Jahr 2050 etwa 77. Die Belastung der abhängig Beschäftigten mit Beiträgen und Steuern wird unter sonst gleichen Bedingungen also in Zukunft absehbar steigen.

Unter Berücksichtigung der demografischen und ökonomischen Rahmendaten geht die arbeits­ und sozialrechtliche Abteilung des 73. djt der Frage nach, welche gesetzlichen Maßnahmen in den Bereichen der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der betrieblichen und privaten Altersvorsorge unter den Rahmenbedingungen des Grundgesetzes erforderlich und möglich sind, um einerseits einen angemessenen Lebensunterhalt im Alter zu erhalten und andererseits eine nachhaltige, ausgewogene Lastenverteilung zwischen denjenigen zu erreichen, die mit ihren Beiträgen und Steuern für die Leistungen der Rentner und Pensionäre aufkommen müssen und jenen, die Leistungen der Altersvorsorge beziehen. Diskutiert werden u.a.: Erhöhung des Renteneintrittsalters, Absenkung des Leistungsniveaus, Erhöhung der Beiträge, Ausweitung der Bemessungsgrundlagen, Einbeziehung weiterer Personenkreise in die Rentenversicherung, das Verhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung zu konkurrierenden Sicherungssystemen wie der Beamtenversorgung und berufsständischen Versorgungswerken, Versicherungsfreiheit, Sozialpartnermodell bei betrieblicher Altersvorsorge und „Opting­out“ sowie verpflichtende private Altersvorsorge.