BSG: Urteil in Sachen Selektivverträge – Kompetenzklärung K(Z)V Vorstand versus Vertreterversammlung

Bundessozialgericht Terminvorschau für 30.10.2014:

KZÄV Baden-Württemberg ./. Land Baden-Württemberg

Die klagende KZÄV begehrt vom beklagten Land die Erteilung einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung für eine Satzungsänderung, mit der bestimmt werden soll, dass der Abschluss von Einzelverträgen nach § 73c Abs 3 SGB V durch den Vorstand von der Vertreterversammlung zu genehmigen ist. Das hat das beklagte Land abgelehnt.

Das LSG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Satzungsänderung sei nicht mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Kompetenz des Vorstandes für die laufenden Geschäfte der Verwaltung dürfe nicht eingeschränkt werden; dies gelte auch für solche Verwaltungsentscheidungen, die zwar herausragende, aber keine grundsätzliche Bedeutung hätten. Was unter Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung zu verstehen sei, könne nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall beantwortet werden. Ein Genehmigungsvorbehalt sei daher nur zulässig, soweit der konkrete Einzelvertrag grundsätzliche Bedeutung habe; dies könne in vielen Fällen der Fall sein, sei jedoch nicht zwingend. Da die vorgesehene Satzungsbestimmung den Abschluss aller Einzelverträge pauschal einem Genehmigungsvorbehalt unterstelle, greife sie rechtswidrig in die dem Vorstand gesetzlich zugewiesenen Kompetenzen ein.

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Genehmigung der Satzungsänderung weiter. Die Vertreterversammlung sei aufgrund ihrer „Kompetenz-Kompetenz“ berechtigt, den Aufgabenbereich des Vorstands einzuschränken; durch den Genehmigungsvorbehalt werde die Vertragsabschlusskompetenz dem Vorstand nicht entzogen.

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Bundessozialgericht Pressemitteilung vom 31.10.2013:

Die Revision der Klägerin ist erfolglos geblieben. Das beklagte Land hat die Satzungsänderung zu Recht nicht genehmigt.

  • Die Vertragsabschlusskompetenz des Vorstandes einer K(Z)ÄV darf weder bei Gesamt- noch bei Selektivverträgen mit Krankenkassen bzw Verbänden der Krankenkassen an eine Genehmigung der Vertreterversammlung gebunden werden.

Das Gesetz weist ‑ in Abgrenzung zu den Befugnissen der Vertreterversammlung ‑ die Außenvertretung der K(Z)ÄV dem Vorstand als originäre Kompetenz zu. In dieses Recht vermag die Vertreterversammlung auch Kraft ihrer „Kompetenz-Kompetenz“ nicht einzugreifen, weil eine Aufgabenübertragung unter dem Vorbehalt steht, dass die gesetzlich vorgesehene Kompetenzverteilung zwischen beiden Organen eingehalten und nicht in den Kerngehalt der gesetzlichen Aufgabenzuweisung eingegriffen wird. Dies wäre jedoch dann der Fall, wenn die Wirksamkeit der vom Vorstand abgeschlossenen Gesamt- und Selektivverträge von einer Genehmigung durch die Vertreterversammlung abhinge, nicht zuletzt, weil der Vorstand beim Abschluss der durch Gesetz vorgeschriebenen bzw vorgesehenen Verträge kaum noch handlungsfähig wäre.

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Bundessozialgericht, Urteil vom 30.10.2013 zu B 6 KA 48/12 R

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