Der Verfassungsgrundsatz, dass Ausschüsse spiegelbildlich zum Plenum zu besetzen sind, gilt auch im Verhältnis von Rat und Verwaltungsausschuss, obwohl beide eigenständige Organe sind.

Der Verfassungsgrundsatz, dass Ausschüsse spiegelbildlich zum Plenum zu besetzen sind, gilt auch im Verhältnis von Rat und Verwaltungsausschuss, obwohl beide nach der NGO eigenständige Organe der Gemeinde sind.

  • Aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, der die in Art. 20 Abs. 1, 2 GG getroffene Grundentscheidung für Demokratie und Volkssouveränität auf die Ebene der Gemeinden überträgt, folgt, dass die Ratsausschüsse grundsätzlich als verkleinerte Abbilder des Plenums dessen Zusammensetzung und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegeln müssen.
  • Der aus dem Prinzip der repräsentativen Demokratie folgende Grundsatz der Spiegelbildlichkeit gewinnt bei den so genannten beschließenden Ausschüssen, denen Angelegenheiten zur abschließenden Entscheidung übertragen sind, erhöhte Bedeutung, weil sie in ihrem Aufgabenbereich die Repräsentationstätigkeit der Gesamtheit der vom Volk gewählten Ratsmitglieder ersetzen.
  • Diese Grundsätze können auch auf das Verhältnis von Samtgemeinderat und Samtgemeindeausschuss bzw. von Rat und Verwaltungsausschuss nach der NGO übertragen werden, obwohl Samtgemeindeausschuss bzw. Verwaltungsausschuss keine Ausschüsse des (Samtgemeinde-)Rates sind, sondern eigenständige Organe der (Samt-)Gemeinde.
  • Für die Übertragbarkeit des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit auf das Verhältnis von Rat und Verwaltungsausschuss kommt es nicht auf die formale Ausgestaltung als „echter“ Ratsausschuss oder eigenständiges Organ an.
  • Entscheidend ist vielmehr, dass der Verwaltungs- bzw- Samtgemeindeausschuss nur dann ausreichend demokratisch legitimiert ist, wenn die relative Stärke der politischen Kräfte in ihm in etwa derjenigen im vom Gemeindevolk unmittelbar gewählten Rat entspricht.
  • Seine Beschlusskompetenz erfasst unter anderem alle Fragen, die nicht ausdrücklich anderen Gemeindeorganen zur Entscheidung zugewiesen sind; er übt somit in vielfältiger Weise Hoheitsgewalt aus.
  • Die dafür gemäß Art. 20 Abs. 2 GG erforderliche demokratische Legitimation kann er aber … nur daraus beziehen, dass er sie vom Rat durch eine spiegelbildliche Besetzung ableitet.
  • Denn wie ein solcher beschließender Ausschuss, wird auch der Verwaltungs- bzw. Samtgemeindeausschuss nicht vom Volk direkt gewählt. Die Beigeordneten werden vielmehr von den Ratsfraktionen bzw. -gruppen benannt;…
  • Diese Benennung durch die Fraktionen kann als solche aber keine demokratische Legitimation vermitteln, da eine Fraktion für sich allein das Gemeindevolk nicht repräsentieren kann.
  • Erst in Verbindung mit dem Spiegelbildlichkeitsgrundsatz wird die Benennung der Beigeordneten durch die Fraktionen und Gruppen ein demokratisch legitimes Verfahren.
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    Allerdings:
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  • Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit gilt nämlich für die Besetzung von Ausschüssen nicht uneingeschränkt.
  • Er muss im Konfliktfall mit dem Mehrheitsprinzip und dem Interesse an der Funktionsfähigkeit der Staatsorgane in Einklang gebracht werden.
  • Eine Abweichung vom Grundsatz der Spiegelbildlichkeit kann dadurch in begrenztem Umfang gerechtfertigt sein.
  • Abweichungen vom Grundsatz der Spiegelbildlichkeit sind daher … in begrenztem Umfange gerechtfertigt, wenn nur dadurch im verkleinerten Gremium Sachentscheidungen ermöglicht werden, die eine realistische Aussicht auf Übereinstimmung mit dem Mehrheitswillen im Plenum haben, oder wenn nur dadurch bei Sachentscheidungen der demokratisch gebildete Mehrheitswille in Erscheinung treten kann.

 

Teil-Auszug aus: Verwaltungsgericht Oldenburg · Urteil vom 3. Juli 2007 · Az. 1 A 195/07, Randnummern 19, 20, 24 und 26