IUZB-Vorstand Gerhard Gneist im Interview bei n-tv: „Haben größte Infektionsgefahr“ – Zahnärzte fühlen sich im Stich gelassen

 

Dienstag, 07. April 2020

„Haben größte Infektionsgefahr“

Zahnärzte fühlen sich im Stich gelassen

Zahnärzte kommen ihren Patienten sehr nahe – doch ausreichend Schutzkleidung haben auch sie oft nicht. Der Berliner Zahnarzt Gerhard Gneist findet es „skandalös“, dass es keine finanziellen Hilfen gibt und wirft der Bundesregierung Untätigkeit vor.

Kaum eine Medizinergruppe komme so dicht an die Münder der Patienten heran wie Zahnärzte. Umso wichtiger sind Mundschutz, Kittel und Schutzbrille. Doch die sind derzeit bekanntermaßen Mangelware. „Das werfe ich der Politik vor, dass wir nicht entsprechend Masken haben, dass die Desinfektionsmittel fehlen“, sagt Gerhard Gneist, Zahnarzt und Vorsitzender des Berufsverbands Initiative Unabhängiger Zahnärzte Berlin e.V. im ntv-„Frühstart Corona Spezial“. Schließlich habe dem Bundestag schon 2013 ein Pandemieszenario vorgelegen, in dem vor einem Engpass an Schutzkleidung gewarnt wurde.

Damals hätte man die Lager auffüllen müssen, meint Gneist. Stattdessen müssten er, seine Zahnarztkollegen und überhaupt alle, die im Gesundheitswesen tätig sind, derzeit selber schauen, wie sie zurechtkämen. Während Honorareinbußen von niedergelassenen Ärzten durch das vor zwei Wochen verabschiedete Krankenhausentlastungsgesetz von der Bundesregierung abgefedert werden, gehen die Zahnärzte leer aus. „Was ja wirklich skandalös ist, weil wir an vorderster Front sind“, so Gneist.

Ob auch nur einige der zwei Millionen kürzlich in Berlin eingetroffenen Schutzmasken bei Gneist und seinen Kollegen landen – unklar. Der Zahnarzt selbst hat gerade noch einen Tiroler Anbieter aufgetan, bei dem er völlig überteuertes Material bestellt hat. Wie die meisten Zahnärzte öffnet er seine Praxis nur noch für Notfallpatienten, seine Mitarbeiterinnen musste er in die Kurzarbeit schicken.

Gneist stockt Gehälter mit Privatmitteln auf

Weil er weiß, dass zahnmedizinische Fachangestellte mit 60 Prozent ihres Gehaltes kaum über die Runden kommen, legt er aus seiner eigenen Tasche die fehlenden 40 Prozent drauf. Aber das kann sich – jedem Klischee vom reichen Zahnarzt zum Trotz – nicht jeder leisten. „Kredite müssen bezahlt werden. Das trifft natürlich besonders hart ganz junge Praxen, die gerade erst aufgemacht haben. Die müssen einfach mit unterstützt werden“, verlangt Gneist von der Bundesregierung.

Zu den finanziellen Einbußen kommt die Unsicherheit darüber, wie gefährlich das Virus für Zahnärzte, Mitarbeiter und Patienten wirklich ist. „Ich bin ja kein Virologe“, betont Gneist. Er informiere sich unter anderem im Fernsehen und höre nur, dass die Aerosole zwei Stunden bis neun Tage in der Luft sein können. Damit gebe es die Gefahr einer Schmierinfektion. „Es ist immer auch ein Risiko bei uns in der Zahnarztpraxis. Wir sind ja am dichtesten dran.“

Quelle: n-tv