„Ist die Kammer aufgeräumt?“ 1

Wir bedanken uns bei der Zahnärztekammer Berlin für die sofortige Beantwortung unserer
Offene Anfrage zu den Service-Angeboten der Zahnärztekammer Berlin
vom 05. Oktober 2017:

 

Sehr geehrter Herr Gneist,

Herr Dr. Heegewaldt bat mich, Ihre Email und die von Ihnen aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Ich habe die Antworten, um eine Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten, unmittelbar nach Ihren Fragen eingefügt. Ich darf darum bitten, dass Sie die Beantwortung Ihres offenen Briefes ungekürzt auf Ihre Homepage nehmen.

Gerne stehe ich Ihnen für Rückfragen zur Verfügung und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

Dr. Fischdick
Geschäftsführer Zahnärztekammer Berlin

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Sehr geehrter Herr Präsident Dr. Heegewaldt,

auf Seite 34 der aktuellen MBZ weist die Zahnärztekammer darauf hin, dass es gilt, „die Balance zwischen hoheitlicher Aufgabenwahrnehmung als Teil der Berliner Behördenfamilie auf der einen Seite und einer aktiven Dienstleistungskammer auf der anderen zu finden„.

Der Vorstand der Zahnärztekammer Berlin hat aufgrund gestiegener gesetzlicher und bürokratischer Anforderungen an die Zahnarztpraxen beschlossen, die bestehenden Beratungsangebote der Zahnärztekammer Berlin für ihre Mitglieder besser darzustellen, um besser als bisher als aktiver Partner an der Seite der berufstätigen Zahnärztinnen und Zahnärzte wahrgenommen zu werden. Dabei ist immer als Grundlage des originären Kammerhandelns als berufsständische Vertretung für die Berliner Zahnärztinnen und Zahnärzte die Aufgabenzuweisung des Berliner Kammergesetzes und der daraus folgenden Tätigkeitsfelder. Dies sind neben originär behördlichen Aufgaben auch eine gut aufgestellte Berufsvertretung und die damit einhergehenden Funktionen.

Außerdem weist die Kammer auf ausgebaute bzw. neue Dienstleistungsangebote hin. So auf „Bauberatung“, „Praxisgehungsberatung“ und „Rechtsberatung“. Hierbei scheint es sich um Dienstleistungsangebote zu handeln, welche, bezogen auf um Beratung bittende Mitglieder, im Einzelfall einen erheblichen Umfang zu scheinen haben. Dies ergibt sich jedenfalls daraus, wie sie diese Angebote in der MBZ „bewerben“ und auch die eigenen Service–Adressen „bauberatung@zaek-berlin.de“ und „rechtsberatung@zaek-berlin.de“ verwenden.

Die Zahnärztekammer Berlin hat mit dem Zahnarzt Wolfgang Glatzer Mitte der 90 er Jahre einen Fachmann für Arbeitssicherheit in Zahnarztpraxen gewinnen können. Gemeinsam mit Dr. Buhtz und Herrn Gerike  wurde vor 20 Jahren der kammereigene BuS-Dienst gegründet. Da Herr Glatzer nach über 20 jähriger Tätigkeit in den verdienten Ruhestand ging, wurden seine Verdienste um die Zahnärztekammer im MBZ 10/17 gewürdigt. In diesem Zusammenhang wurde die letzte Aufgabe von Herrn Glatzer, die er im Interesse der Berliner Zahnärztinnen und Zahnärzte weiterführt, gesondert hervorgehoben. Hierbei handelt es sich um die von Herrn Gerike und Herrn Glatzer seit 30 Jahren durchgeführte Bauberatung bei Neu- und Umbauten von Praxen.

Wir begrüßen es selbstverständlich, wenn unsere Kammer nach Möglichkeiten sucht, Angebote zu entwickeln, welche den Nutzwert der gesetzlichen Pflichtmitgliedschaft für die einzelnen Mitglieder erhöhen – und den Mitgliedern somit „Praxis-Hilfe“ anzubieten.

Wir freuen uns, wenn die Delegierten der Zahnärztekammer Berlin den vom Vorstand eingeschlagenen Weg der aktiven Partnerschaft begrüßen, denn eine zukunftsfähige Zahnärztekammer erfüllt bestmöglich und kollegial die an sie gestellten hoheitlichen Aufgaben und sollte als erster Ansprechpartner in allen berufsbezogenen Belangen angesehen werden. Diese zwei Seiten derselben Medaille werden künftig wieder stärker in den Blick genommen.

Dennoch bitten wir um Beantwortung folgender Fragen:

1. Wurde geprüft, ob diese Beratungsangebote dem gesetzlichen Auftrag der Kammer entsprechen und falls ja, mit welchem Ergebnis?

Die Aufgaben der Heilberufekammern ergeben sich aus dem Berliner Kammergesetz (BKG). In den §§ 4 ff. BKG sind die Aufgaben der Kammern beschrieben. Dem gesetzlichen Auftrag entsprechen diejenigen Tätigkeiten, die berufsbezogen sind. Hierzu gehören auch berufsbezogene und berufsrechtliche Rechtsfragen, Praxisführungsfragen und Fragen der Ausgestaltung von Hygieneräumen etc. – Aufgaben, die die Kammer seit mehreren Jahren wahrnimmt und anbietet, die nun aber durch personelle Veränderungen wieder in den Fokus der Mitglieder gerückt werden sollen.

2. Wie sind die Haftungsrisiken dieser Service-Angebote abgesichert?

Für Vermögens- und/oder Personenschäden, die aus der Tätigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zahnärztekammer Berlin entstehen könnten ist die Kammer wie jedes andere Unternehmen auch über spezielle Versicherungen abgedeckt. Angesichts des geringen Umfanges der Beratungsleistungen sind auch die Haftungsrisiken als gering einzuschätzen.

3. Wie werden diese Beratungsangebote finanziert (Mitarbeiter, Raum, Ausstattung etc.)

Aufgaben, die die Zahnärztekammer Berlin im Rahmen des BKG wahrnimmt, werden über allgemeine Beitragsmittel finanziert oder nach den Grundsätzen der verwaltungsrechtlichen Kostentragung den beantragenden Mitgliedern auf der Grundlage der von der Delegiertenversammlung einstimmig beschlossenen Gebührenordnung berechnet. Das Beratungsangebot des Q-BuS-Dienstes wird über die gesondert abgerechneten BuS-Dienst-Gebühren, kalkuliert über die Kosten und den Beratungsaufwand, der dem Q-BuS-Dienstes der Zahnärztekammer Berlin angeschlossenen Mitglieder getragen.

4. Erfolgt für diese Angebote eine eigene Kosten-/Leistungsrechnung?

o. Frage 3

5. Werden für diese Beratungsleistungen Gebühren und/oder Honorare erhoben und falls ja, ab welchem Beratungsumfang und in welcher Höhe bzw. nach welchem Berechnungsmaßstab?.

s.o. Frage 3

6. Besteht die Gefahr, dass diese Angebote als gewerbliche Tätigkeit der Zahnärztekammer angesehen werden könnten und eine Ausgliederung, etwa in eine Service GmbH, notwendig werden könnte? Wir denken hier etwa an eine Erhebung von Gewerbe- und Umsatzsteuer durch ein Finanzamt oder an Kritik durch die Berliner Rechtsanwaltskammer oder die Baukammer hinsichtlich Konkurrenzschutz für deren Mitglieder.*

Der Q-BuS-dienst der Zahnärztekammer Berlin wird in der Form eines Betriebes gewerblicher Art geführt. Die übrigen Beratungsangebote sind den originären Kammeraufgaben nach § 4 BKG zuzuordnen. Eine Ausgliederung aus steuerlichen Gründen erscheint, auch im Hinblick auf Gründungs- und Folgekosten, zur Zeit nicht sinnvoll oder notwendig. Hinsichtlich der von Ihnen befürchteten Kritik durch die Rechtsanwaltskammer Berlin ist festzustellen, dass die Zahnärztekammer Berlin nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz zur Beratung der eigenen Mitglieder berechtigt ist.

Vielen Dank und
mit freundlichen Grüßen

Gerhard Gneist

Mitglied der Delegiertenversammlung
der Zahnärztekammer Berlin
1. Vorsitzender IUZB e.V.

 

 

* Aus Wikipedia/Körperschaften des öffentlichen Rechts:
Im Bereich der Ertragsteuern und Umsatzsteuer gelten Körperschaften öffentlichen Rechts grundsätzlich nicht als Steuersubjekte; hierdurch soll eine Selbstbesteuerung des Staates vermieden werden. Dieses Ziel steht in einem Spannungsverhältnis zu privaten Wettbewerbern, die teilweise gleiche Leistungen erbringen, aber nicht steuerlich privilegiert werden. Aus steuerlicher Sicht gibt es deshalb drei Sphären der Körperschaft des öffentlichen Rechts, die zu unterscheiden sind: den Hoheitsbereich, die Vermögensverwaltung und den sogenannten Betrieb gewerblicher Art.

Ein Betrieb gewerblicher Art entsteht, wenn eine wettbewerbsrelevante und daher besteuerungswürdige Tätigkeit ausgeführt wird (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG, § 2 Abs. 3 UStG (ab 01.01.2017 § 2b UStG)) [dort: 17.500,00 €]. Dem Wesen nach gleiche Tätigkeiten bilden einen Betrieb gewerblicher Art, dem Wesen nach unterschiedliche Tätigkeiten bilden mehrere Betriebe gewerblicher Art, vgl. Körperschaftsteuerrichtlinien R6 Abs. 3 Satz 3. In der Verwaltungspraxis wird ein Jahresumsatz von mehr als 30.678 Euro vorausgesetzt, um ein gleichmäßiges und greifbares Maß der Wettbewerbsrelevanz zu schaffen, vgl. Körperschaftsteuerrichtlinien R6 Abs. 5 Satz 1. Die Umsatzsteuerrichtlinien folgen den gleichen Umsatzgrenzen. Betriebe gewerblicher Art sind gewerbesteuerpflichtig, Gewerbesteuerrichtlinien R 2.1 Abs. 6.

 

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