KV Berlin: AfD-Abgeordneter fragt nach Staatskommissar

Abgeordnetenhaus – Drucksache 18 / 11 878

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Dieter Neuendorf (AFD) vom 20. Juli 2017 zum Thema:

Anfrage zum Führungschaos bei der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin

und Antwort vom 02. August 2017 der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung

Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:

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Das Sozialgericht Berlin hat am Mittwoch, dem 5. Juli 2017 die Wahl von Herrn Günter Scherer zum dritten Vorstandsmitglied der kassenärztlichen Vereinigung Berlin wegen schwerer Rechtsverstöße für ungültig erklärt. Herr Scherer kann damit seine Geschäfte als Vorstand der KV Berlin aktuell nicht mehr rechtssicher wahrnehmen. Mit Zustimmung der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung hatte das zweite – hausärztliche – Mitglied des Vorstandes der kassenärztlichen Vereinigung Berlin, Herr Burkhard Ruppert nach seiner Wahl am 18. Mai 2017 eine dienstvertragliche Regelung mit dem Inhalt getroffen, dass er das Amt erst zum September 2017 übernehmen wird. Aufgrund dieser vertraglichen Regelung kann auch er zurzeit keine Geschäfte als Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin führen. Lediglich die erste Vorsitzende der KV Berlin, Frau Dr. Margaret Stennes ist nach ihrer Wahl zurzeit rechtlich unbestritten als Vorstand tätig und kann die Geschäfte der Körperschaft führen. Die Satzung der kassenärztlichen Vereinigung Berlin sieht vor, dass Geschäfte der kassenärztlichen Vereinigung nur dann rechtlich verbindlich sind, wenn sie von mindestens zwei Vorstandsmitgliedern unterzeichnet werden.

1. Sieht die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung die Handlungsfähigkeit des Vorstandes der KV Berlin aktuell (seit dem 5. Juli 2017) für gegeben an? Hält sie es für zulässig, dass außenwirksame Rechtsgeschäfte rechtlich bindend auch dann zustande kommen, wenn die KV Berlin nur von einem unbestrittenen im Amt befindlichen Vorstand vertreten wird?

Zu 1.: Die Handlungsfähigkeit der KV Berlin ist gewahrt. Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 05. Juli 2017 ist noch nicht rechtskräftig, da die Berufungsfrist gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) noch läuft. Gemäß § 202 SGG in Verbindung mit § 705 ZPO Zivilprozessordnung tritt die Rechtskraft des Urteils nicht vor Ablauf der für die Einlegung des Rechtsmittels oder des zulässigen Einspruchs bestimmten Frist ein.

Die KV Berlin hat sich zudem entschlossen, am 03. August 2017 eine Wiederholungswahl für das dritte Vorstandsamt durchzuführen. Der Vorstand ist bis dahin zur Vornahme außenwirksamer Rechtsgeschäfte in der Lage.

2. Sieht die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung bei der bestehenden Konstellation die Notwendigkeit einen Staatskommissar einzusetzen und mit der Führung der kassenärztlichen Vereinigung Berlin zu beauftragen?

Zu 2.: Nein. Die Einsetzung eines Staatkommissars ist ein in die Selbstverwaltung der Körperschaft stark eingreifendes Mittel. Der Einsatz solch eines Aufsichtsmittels ist hier schon nicht erforderlich, da die KV Berlin und ihr Vorstand weiterhin handlungsfähig sind. Angesichts der unmittelbar bevorstehenden Wiederholungswahl wäre die Einsetzung eines Staatskommissars auch nicht angemessen.

3. Hat das Vorstandsmitglied Scherer trotz des Urteils des Sozialgerichts Berlin Anspruch auf die volle, vertraglich vereinbarte Monatsvergütung für Juli 2017?

Zu 3.: Bis zum Eintritt einer rechtssicheren bzw. rechtskräftigen Situation (Wiederholungswahl oder Rechtskraft des Urteils) bleiben die zwischen den Beteiligten vertraglich vereinbarten und aus dem Amt erwachsenen Rechte und Pflichten bestehen.

 

Berlin, den 02. August 2017

In Vertretung
Barbara König
Senatsverwaltung für Gesundheit,
Pflege und Gleichstellung