SozG Berlin: KV-Vorstandswahl teilweise ungültig – Wahl des Vorstandsmitglieds Scherer verstieß gegen Satzung

Kassenärztliche Vereinigung Berlin Vorstandswahl teilweise ungültig – Wahl des Vorstandsmitglieds Scherer verstieß gegen Satzung

Die Wahl zum Vorstand der Berliner Kassenärztlichen Vereinigung (KV) muss teilweise wiederholt werden. Die 22. Kammer des SG Berlin erklärte heute Vormittag nach mündlicher Verhandlung die Wahl des dritten Vorstandsmitglieds Herrn Scherer für ungültig. Zur Begründung führte der Vorsitzende in der Urteilsbegründung aus: Entgegen den Vorgaben der Satzung der KV sei über die drei Vorstandsmitglieder nicht in drei jeweils getrennten Wahlgängen abgestimmt worden, sondern hintereinander weg in einem Wahlvorgang. Die Wählenden hätten das Ergebnis des jeweils vorhergegangenen Wahlgangs nicht mitgeteilt bekommen, bevor sie zum nächsten schritten. Ihnen sei dadurch die in der Satzung vorgesehene Möglichkeit genommen worden, in einem folgenden Wahlgang auf das Ergebnis des vorherigen Wahlganges zu reagieren. Aus diesen Erwägungen sei die Wahl zum dritten Vorstandsmitglied, dem Juristen Scherer, ungültig und müsse wiederholt werden. Auf die Wahl des ersten Vorstandsmitglieds habe sich der Fehler nicht ausgewirkt. Auch die Wahl des zweiten Vorstandsmitglieds bleibe gültig. Es sei ohnehin in einem gesondert wiederholten Wahlgang gewählt worden, nachdem das zunächst gewählte Vorstandsmitglied überraschend wieder ausgeschieden war.

Am 11. Februar 2017 war die im Herbst 2016 gewählte Vertreterversammlung der KV Berlin zusammengekommen, um ihren neuen Vorstand zu wählen. Zu wählen waren drei Vorstandsmitglieder, ein Facharzt, ein Hausarzt und ein frei zu wählendes Mitglied. Bei der geheim durchgeführten Wahl stimmten die Vorstandsmitglieder zwar getrennt über die zu vergebenen Vorstandsposten ab. Das Ergebnis der jeweiligen Abstimmung wurde jedoch erst nach Abschluss aller drei Wahlen bekannt gegeben.

Am 10. März 2017 erhob ein Mitglied der Vertreterversammlung, ein Berliner Hausarzt, vor dem Sozialgericht Berlin Wahlanfechtungsklage mit dem Ziel, die Wahl für ungültig erklären zu lassen. Er kritisierte insbesondere, dass die Einladungsfrist zur Vertreterversammlung zu kurz gewesen sei und der Wahlvorgang selbst den Vorgaben der Satzung widersprochen habe. Es sei gegen grundlegende Wahlprinzipien verstoßen worden, indem die Wahl als Blockwahl durchgeführt worden sei anstatt in drei klar getrennten Wahlgängen. Die Wahl des gesamten Vorstands sei damit ungültig und müsse von der beklagten KV wiederholt werden.

In seinem heute gefällten und verkündeten Urteil gab die 22. Kammer des Sozialgerichts Berlin (in Besetzung mit einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern) dem Kläger teilweise Recht. Zwar sei nicht die gesamte Vorstandswahl ungültig, jedoch die Wahl des dritten Vorstandsmitglieds. Schon 1992 habe das Bundessozialgericht (BSG) bei Prüfung einer KV-Satzung klargestellt, dass Sinn und Zweck getrennter Wahlgänge sei, den Wählenden die Möglichkeit zu geben, bei ihrer Entscheidung das Ergebnis des vorangegangenen Wahlgangs zu berücksichtigen. Diese BSG-Rechtsprechung sei auch bei der Auslegung der Satzung der beklagten KV Berlin zugrundzulegen. Hätte die Beklagte eine andere Wahlordnung gewollt, hätte sie seit der Entscheidung des BSG 25 Jahre Zeit gehabt, die Satzung entsprechend zu ändern.

Schriftliche Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Anmerkung der Pressestelle: Kassenärztliche Vereinigungen (KV) sind als Körperschaften des Öffentlichen Rechts zuständig für die vertragsärztliche Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten. Ihnen gehören jeweils alle Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten eines Bundeslandes an. Sie vertreten ihre Mitglieder gegenüber den Krankenkassen, achten auf die Einhaltung der Vertragspflichten und regeln die Honorarverteilung.

Mit Beschluss vom 23. Mai 2017 hatte das Gericht einen zusammen mit der Klage gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung noch abgewiesen. Für eine vorläufige Regelung hatte es kein Bedürfnis gesehen und damit dem KV-Vorstand zunächst die Möglichkeit gegeben, seinen Aufgaben bis auf weiteres nachzugehen (S 22 KA 66/17 ER).

Bereits im Rahmen der im September 2016 abgehaltenen Briefwahl zur Vertreterversammlung hatte es Unstimmigkeiten gegeben. Sechs Wahlberechtigte hatten versucht, mittels eines Antrags auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung die Auszählung der Stimmen und die weitere Bearbeitung der Wahlbriefe zu stoppen. Mit Beschluss vom 21. September hatte das Sozialgericht Berlin den Antrag abgelehnt (S 79 KA 1074/16 ER. Hierzu Pressemitteilung vom 21. September 2016: „Kein Stopp der KV-Wahl in Berlin – Eilentscheidung des Sozialgerichts Berlin“, nachzulesen auf der Internetseite des Sozialgerichts Berlin in der Rubrik „Presse/Pressemitteilungen“).

Quelle: Sozialgericht Berlin, Pressemitteilung vom 05.07.2017 zum Urteil vom 5. Juli 2017 (S 22 KA 46/17):

 

 

 

Pressemitteilung der KV Berlin:

Anfechtungsklage gegen Vorstandswahl der KV Berlin entschieden: Vorstandsvorsitzende und ihr Stellvertreter im Amt bestätigt, dritter Vorstand muss neu gewählt werden