Sie nennen es „Wahlanalyse“ und erröten nicht!

Der Vorstand der KZV Berlin berichtete in der MBZ 2/2017:

Geist: Im Nachgang zur Wahl haben wir uns unsere Wählerschaft einmal „genauer“ angesehen; wer hat sein Wahlrecht wahrgenommen? Im Ergebnis: Insgesamt waren 3.672 Zahnärzte wahlberechtigt, davon 2.885 Vertragszahnärzte (79 Prozent) und 787 angestellte Zahnärzte. Ihr Wahlrecht wahrgenommen haben immerhin 45 Prozent (1.296) der Vertragszahnärzte, aber mit 22 Prozent nur 177 angestellte Zahnärzte. Differenziert man weiter und betrachtet den Frauenanteil unter den angestellten Zahnärzten, der bei 66 Prozent liegt, kommt man zu dem Ergebnis, dass von den Wahlberechtigten insgesamt über die Hälfte Frauen sind, von denen aber nur 37 Prozent gewählt haben.

Husemann: „Und wenn wir jetzt noch die Altersstruktur berücksichtigen, sind die meisten Wahlberechtigten (57 Prozent) zwischen 41 und 60 Jahren. Die anderen Altersgruppen, also die bis 40-Jährigen und die über 60-Jährigen, liegen bei 22 bzw. 21 Prozent. Ihr Wahlrecht wahrgenommen haben aber am meisten die über 60-Jährigen mit 49 Prozent, dicht gefolgt von den 41- bis 60 Jährigen mit 43 Prozent. Die jüngere Wählerschaft liegt mit 24 Prozent abgeschlagen dahinter.

Eine solch differenzierte Auswertung der Stimmabgabe nach Wählern, Nichtwählern, Berufsstatus, Alter und Geschlecht kann nach den Gesetzen der Logik, sowie dem gesunden Menschenverstand folgend, eigentlich nur durch Ausforschung der Wählerliste und einem zusätzlichen Abgleich mit weiteren personenbezogenen, in einer kassenzahnärztlichen Verwaltung notwendigerweise vorhandenen Daten, erfolgt sein und wäre somit nur durch die Außerachtlassung sämtlicher Datenschutzbestimmungen möglich.

Die so gewonnenen Daten, „wer, wie, was“ gewählt hat, können keineswegs lapidar als

statistisch interessante Auswertung

bezeichnet werden (Koll. Geist, Mitglied des Vorstandes in der Vertreterversammlung am 20.02.2017), sondern müssen nach Abschluss der KZV Wahlen und des kurz danach beginnenden Kammerwahlkampfes als höchst neuralgische Informationen bewertet werden.

Unmittelbar nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses der KZV-Wahl für die Legislaturperiode 2017-2022 (am 15.06.2016), hat der Vorstand der KZV über ein Mitglied des Wahlausschusses die mündliche Anfrage zur Erstellung einer Wahlanalyse gerichtet. Diese Anfrage wurde (ebenfalls mündlich) an den Vorsitzenden des Wahlausschusses weitergeleitet.

Damit ist offenbart, dass entgegen dem von Herrn Koll. Husemann in einem Schreiben vom 23.02.2017 an die Vertreter erweckten Eindruck, dass es zu dieser Bitte des Vorstandes der KZV Berlin einen entsprechender Schriftwechsel mit dem Vorsitzenden des Wahlausschuss gegeben hat und dieser keine rechtlichen Bedenken vortrug, nicht zutrifft.

Tatsächlich hatte der Vorsitzende des Wahlausschusses in einer ausschussinternen E Mail am 17.06.2017 nur der Weitergabe der

reinen Zahlen, … d. h. die Anzahl der Praxisinhaber die gewählt haben und die Anzahl der angestellten Zahnärzte, die ihre Stimme abgegeben haben“,

zugestimmt.

Wenn schon diese eingeschränkte Erlaubnis zur Weitergabe von aus dem Wahlergebnis hervorgegangenen Daten mit den Regeln der geltenden Wahlordnung nicht in Einklang zu bringen war, so gilt dies erst recht für den anschließenden, vom Vorstand der KZV an das KZV-Zulassungsreferat gegebenen Auftrag, unter Nutzung weiterer personenbezogenen Daten, eine noch umfassendere Auswertung vorzunehmen.

Die hierzu von Herrn Koll. Husemann getroffene Aussage, dass er möglicherweise über das gestatteten Ausmaß der Ausforschung

von meiner (!) stellvertretenden Wahlleiterin

(Husemann in der VV vom 20.02.2017) nicht richtig informiert wurde, ist eine bemerkenswert stillose Schuldzuweisung zur eigenen Entlastung.

Die der Wählerliste entnommenen Daten wurden in einer Exel-Tabelle ausgewertet und selbst wenn man davon ausgeht, dass dem KZV-Vorstand nur die hiermit erstellten und veröffentlichten Grafiken zur Verfügung gestellt worden sind, stellt sich die Frage, wo diese Dateien gesichert wurden und wer in welchem Umfang darauf zugreifen konnte.

Allein die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Gruppe der Nichtwähler, lässt Szenarien denkbar erscheinen, die mit einer demokratisch verfassten Körperschaft niemals in Einklang zu bringen sind.

Man hätte gewarnt sein können! Welche Bedeutung Herr Koll. Geist Regelverstößen bei Körperschaftswahlen beimisst, hat er schon im MBZ 3/2008 veröffentlicht. Damals hatte er in seiner Funktion als stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Zahnärztekammer mit der Bemerkung:

Doch sind manchen Kollegen formale Regeln wichtiger als eine möglichst hohe Wahlbeteiligung,

schon einmal seine Überzeugung kundgetan, dass ihm eine hohe Wahlbeteiligung wichtiger ist, als die Einhaltung demokratischer Grundsätze – wozu bekanntermaßen auch der Datenschutz gehört.

Das der Datenschutz schon seit Jahren ein besonderes Problemfeld darstellt, zeigt der Vorgang um die im Jahr 2006 von der Apotheker-und Ärztebank an die KZV gerichtete Bitte um halbjährliche Überlassung von KZV-internen Daten für die Erstellung einer so genannten „Standortanalyse“ von Zahnarztpraxen.

Auch zehn Jahre später fehlt der Nachweis, dass der unter dem Vorsitz von Herrn Kollegen Husemann einstimmig gefasste Vorstandsbeschluss, dieser Bank persönliche, von der Verwaltung der KZV erhobene Daten, zur Verfügung zu stellen, nie zur Anwendung gekommen ist und zurückgenommen wurde.

Dass der Vorstand der KZV der Respektierung des Datenschutzes mittlerweile einen höheren Stellenwert einräumt, ist durch diesen erneuten Vorfall nicht zu erkennen.

In diesem Zusammenhang hat die Tatsache, dass diese Datenausforschung vom Juni 2016 bis zum Abschluss der erneut von vielen Unregelmäßigkeiten geprägten Kammerwahl geheim gehalten worden ist, einen ganz besonders schalen Beigeschmack. Es steht die Frage im Raum, wo die Daten von wem unter welchen Vorkehrungen gesichert worden sind und ob die Daten in dem Zeitraum vom Ende der KZV Wahlen bis zum Abschluss der darauffolgenden Kammerwahlen möglicherweise nicht noch andere Zwecken dienten.

Nicht ganz unerwartet, wurde der Widerspruch zu der unvollständigen Wiedergabe der Diskussion dieser Unregelmäßigkeiten im Protokoll der Vertreterversammlung vom 24.04.2017 von einer Mehrheit der Vertreter des Verbandes der Zahnärzte und des Freien Verbandes abgelehnt.

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Dr. Helmut Dohmeier-de Haan

  • 2. Vorsitzender IUZB e.V.
  • Vertreter der KZV Berlin

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