Abgeordnetenhaus: Kinderzahngesundheit in Berlin

Abgeordnetenhaus Berlin – Drucksache 17 / 16 630

Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ellen Haußdörfer (SPD) vom 06. Juli 2015 und
Antwort von Herrn Staatssekretär Dirk Gerstle von der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales vom 24. Juli 2015

Kinderzahngesundheit: Können Berliner Kinder morgen noch kraftvoll beißen?

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Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:

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1. Wie bewertet der Senat den Erfolg verschiedener Projekte zum Thema Zahngesundheit von Kindern angesichts der Einführung des Kinderzahnpasses?

Zu 1.: Mit dem Berliner Kinderzahnpass erhalten gerade junge Eltern frühzeitig Hinweise über notwendige zahnmedizinische Vorsorgeuntersuchungen. Durch die feste Integration in das gelbe U-Heft der kinderärztlichen Betreuung ist ein äußerst hoher Erreichungsgrad möglich.
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2. In welcher Form wird die Teilnahme an zahnärztlichen Untersuchungen bzw. Behandlungen von Kindern im Rahmen der Frühen Hilfen erfasst und anschließend evaluiert?

Zu 2.: Die Teilnahme an zahnmedizinischen Untersuchungen und/oder Behandlungen wird nicht im Rahmen der Frühen Hilfen erfasst oder evaluiert.
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3. Wie viele Eltern nehmen seit 2007 die halbjährliche zahnärztliche Kontrolle ab dem sechsten Lebensmonat ihres Kindes wahr? (Bitte nach Bezirk und Jahren aufschlüsseln!)

4. Hat sich die Teilnahmequote nach Einführung des Kinderzahnpasses an den Untersuchungen verändert?

5. Wie viele Eltern nehmen die jährliche Individualprophylaxe vom vollendeten 6. bis zum 18. Lebensjahr mit ihren Kindern wahr? (Bitte nach Jahr, Bezirk und Alter des Kindes aufschlüsseln!)

Zu 3. bis 5.: Es liegen dem Senat zurzeit keine aussagefähigen, belastbaren Daten der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) vor. Bei den von der KZV zur Verfügung gestellten Daten handelt es sich um einen noch nicht plausibilisierten und dementsprechend nicht veröffentlichungsfähigen Datenstand.
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6. Welche Maßnahmen ergreift der Senat, um Eltern für die Bedeutung einer richtigen und gesunden Pflege der Milch- und bleibenden Zähne zu sensibilisieren?

Zu 6.: Die Zahnärztlichen Dienste der Gesundheitsämter führen die im Kindertagesstättenfördergesetz (Kita-FöG) festgelegten jährlichen zahnmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen in Kindertagesstätten und bei Kindern von Kindertagespflegepersonen (bis zu 5 Kinder) durch. Die Honorarzahnärztinnen und Honorarzahnärzte der Landesarbeitsgemeinschaft zur Verhütung von Zahnerkrankungen (LAG Berlin) sind diesbezüglich für Eltern-Kind-Gruppen, Elterninitiativ-Kindertagesstätten und Tagespflege-Pflegepersonen mit mehr als 5 Kindern zuständig.
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7. Was unternimmt der Senat, wenn Eltern die zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen im Rahmen der Früherkennungsuntersuchungen (FU1-FU3) nicht wahrnehmen?

Zu 7.: Die Früherkennungsuntersuchungen (FU1 bis FU3) sind keine Pflichtuntersuchungen.
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8. Gibt es spezielle Maßnahmen, die sich an Eltern wenden, welche ihr Kind nicht an zahnärztlichen Untersuchungen in der Kindertageseinrichtung teilnehmen lassen?

Zu 8.: Gemäß KitaFöG und dessen Ausführungsvorschriften erhalten die Untersuchungsteams nur Daten von denjenigen Kindern aus Einrichtungen, für die eine Einverständniserklärung vorliegt.
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 9. Welche Maßnahmen ergreift der Senat, wenn Eltern die halbjährlichen Kontrolluntersuchungen und individuelle Vorsorgemaßnahmen nach vollendetem 6. Lebensjahr nicht wahrnehmen?

Zu 9.: Es gibt keine rechtliche Grundlage, auf welcher die Behörde Kenntnis von der Teilnahme/Nichtteilnahme bezüglich empfohlener zahnmedizinischer Kontrolluntersuchungen und Prophylaxemaßnahmen erhält.
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10. Wie viele Kinder nehmen die halbjährliche professionelle Zahnreinigung (PZR) wahr? (Bitte nach Bezirken aufschlüsseln!)

11. Ist der Senat der Meinung, dass die PZR Gegenstand des Zahnpasses werden sollte?

Zu 10. und 11.: Da es sich bei der professionellen Zahnreinigung (PZR) um eine reine, nicht von den Krankenkassen finanzierte Privatleistung handelt, liegen zu der Inanspruchnahme keine Daten vor. Eine Aufnahme der PZR in den Zahnpass ist daher nicht sinnvoll und nicht vorgesehen.
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12. Beteiligt sich der Senat am im Juli stattfindenden „Tag der Zahngesundheit“?

Zu 12.: Der nächste „Tag der Zahngesundheit“ findet am 25. September 2015, auch unter personeller Beteiligung der Gesundheitsverwaltung, im Institut für Zahn- Mund- und Kieferheilkunde der Charité (Zahnklinik) in der Aßmannshauser Straße 4 – 6 statt. Zu den Veranstaltern gehören die Zahnärztlichen Dienste der Gesundheitsämter. Die Informationen zur Zahnhygiene einschließlich praktischer Übungen sind für Kita- und Schulgruppen, aber auch für die Eltern ausgelegt.
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 13. Wie bewertet der Senat die Zusammenhänge zwischen sozialem Status eines Kindes und seiner Zahngesundheit?

14. Hat sich der Zahnstatus im Zusammenhang mit Behandlungsbedarf und Sozialindex in den letzten Jahren verändert? (Bitte nach Bezirken aufschlüsseln!)

Zu 13. und 14.: Der Zusammenhang vom Anteil der untersuchten Kinder mit behandlungsbedürftigem Zahnzustand und dem Sozialindex nach dem Sozialstrukturatlas hat sich in den letzten Schuljahren verstärkt. Sowohl bei den untersuchten 6-Jährigen als auch bei den 12- Jährigen zeigt der in der Tabelle aufgelistete Korrelationskoeffizient einen deutlicheren Zusammenhang auf.

Schuljahr 6-jährige 12-jährige
2009/10 -0,658 -0,090
2010/11 -0,643 -0,226
2011/12 -0,699 -0,407
2012/13 -0,823 -0,455
2013/14 -0,833 -0,523

Anhand der Daten lässt sich feststellen, dass der Anteil der Kinder mit behandlungsbedürftigem Zahnzustand im Vergleich zum Berliner Durchschnitt dort am höchsten ist, wo der Sozialindex niedrig ist.

Detaillierte und nach Bezirken aufgeschlüsselte Daten können den veröffentlichten Tabellen im Gesundheitsund Sozialinformationssystem (GSI) entnommen werden.

LINK (Anmerkung: Suchwort zum Beispiel „Kariesprophylaxe“)

Der Senat ist bestrebt, dieser Entwicklung entgegenzuwirken, indem Eltern und Kinder in schlechteren sozialen Lagen insbesondere von den bezirkszahnärztlichen Diensten angesprochen und besser über die Wichtigkeit einer regelmäßigen prophylaktischen Zahnhygiene und -untersuchung informiert werden (z. B. Tag der Zahngesundheit).
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15. Wie bewertet der Senat die Präventionsarbeit zur Zahngesundheit für Kinder mit hohem Rang in Bezug zum Sozialindex?

Zu 15.: Je nach Altersgruppe der Kinder müssen Maßnahmen frühzeitig direkt die Elternkompetenz stärken. Im Schulbereich müssen geeignete Maßnahmen der Intensivprophylaxe die Lücke zwischen Gruppenprophylaxe (LAG Berlin) und Individualprophylaxe (niedergelassene Zahnärzteschaft) schließen.
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16.: Gibt es spezielle Maßnahmen oder Projekte für Eltern und Kinder, die in Gebieten mit hohem Sozialindex leben, um ihnen eine geeignete Prävention zu ermöglichen?

Zu 16.: Das Organisationskonzept der LAG Berlin sieht derzeit flächendeckend für die Berliner Kitas und Schulen der Bedarfsgruppen III und IV bis zu 3 Prophylaxekontakte je Gruppe (inklusive Fluoridierungsmaßnahmen) vor. Darüber hinaus gibt es bezirkliche Projekte in bedürftigen Regionalbereichen.

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