Kollege Geist und die demokratisch legitimierte Mehrheit

Nein, alle Witze und Wortspiele mit dem Nachnamen des Kollegen und Vizepräsidenten der Zahnärztekammer Karsten Geist sind bereits gemacht. Wir verkneifen uns – hier und heute – Wiederholungen. Seine Ausführungen zu den Grundlagen der Demokratie sind allerdings eine arge Versuchung. Sie lassen sich auf einen einzigen Satz herunter brechen: Wer die Mehrheit hat, hat das Sagen und darf machen, was er will. Danke für diese Offenheit.

Aus dieser Sicht ist uns Einiges erklärlich.

  • Die fehlende Kontrolle des Vorstandes durch die Vertreterversammlung,
  • die Entlastungsbeschlüsse trotz vielfältiger Beanstandungen im Rechnungsprüfungsbericht,
  • die Begünstigung eines Funktionärs mit einer Ermächtigung parallel zur Zulassung.

Der Stellenwert einer Opposition erschöpft sich bei dieser Sichtweise in miesepeterigem Spielverderben. Und wenn sich einmal Mitglieder der Opposition untereinander kritisieren, passt das verständlicherweise nicht in diese kleine und geordnete Welt des Herrn Geist. Würde ihm gegenüber den anderen Granden der KZV und des VZB nicht einfallen, da gelten andere Gesetze ….

Aber, sehr geehrter Herr Kollege Geist, das ist nicht unsere Welt. Für uns zählen Meinungsfreiheit, Transparenz, Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Mitdenken, Garantie von persönlichen und politischen Rechten sowie faire Wahlen und Recht auf Kritik zu einer funktionierenden Demokratie.

Ach ja, gut versteckt dann der tatsächliche Anlass der Wortblasen von Herr Geist – die Abstimmung in der Vertreterversammlung über die Rückforderung von rechtswidrig ausgezahlten Honoraren von einem Funktionär, der neben seiner Zulassung auch noch eine Ermächtigung erhalten hat. Natürlich muss das ein Gericht entscheiden. Aber Kläger wäre die KZV, vertreten durch ihren Vorstand, der sich nicht rührt, und von einer Vertreterversammlung, deren Mehrheit einmal mehr versagt.

Fast möchte man da an einen Artikel von Kollegen Dobberstein (Freier Verband) denken, der mit seiner Analyse (Über Mikro- und Makroidioten) zwar zweifelsohne etwas geistreicher daherkommt, sich dann aber heillos in seinen eigenen Parabeln verheddert. Beklagt er im Makrokosmos (Bundesrepublik) die Uneinigkeit des Regierungslagers, so kommt beim Mikrokosmos (Zahnmedizin in Berlin) auch wieder nur Schimpfen auf die Opposition heraus. Dabei könnte doch die Mehrheit in der KZV ein so gutes Vorbild für die Regierungskoalition sein, durch bedingungsloses Zusammenhalten und Leugnen sich über die Jahre zu mogeln und jeden kleinen Vorteil (denn Berlin hat immer noch das niedrigste Budget) als massiven Erfolg zu feiern. Die Regierungskoalition hat es allerdings neben einer engagierten Opposition auch mit einer wachen Öffentlichkeit und interessierten Medien zu tun. Das könnte ein wichtiger Unterschied sein …

Muss aber nicht so bleiben.

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Gerhard Gneist