EU greift Gebührenordnungen der Freiberufler an und verlangt mehr Markt-Liberalisierung

FAZ, 19.06.2015:

Die FAZ hatte am 13.05.2015 bereits darüber berichtet. Konkret stehen seitens der Europäische Kommission derzeit nur die Gebührenordnungen bestimmter Berufe, nämlich Architekten, Steuerberater und Tierärzte, im Fokus. Hintergrund ist aus Sicht der EU Kommission, dass die Gebührenordnungen den Markt zu sehr einschränken. Die EU-Kommission möchte mehr Liberalisierung.

Die EU hat nun die Bundesregierung aufgefordert, u.a. die deutschen Gebührenordnungen zu rechtfertigen.

Es handelt sich um eine generelle Sichtweise der EU-Kommission. So schrieb die Kommission in einer Empfehlung vom 19. Mai 2015 in Bezug auf die Situation in Frankreich:

Verschiedene Vorschriften und Gebührenordnungen für reglementierte Berufe hemmen die Entwicklung der Wirtschaftstätigkeit.

Und zur Ausbildungssituation im Gesundheitswesen in Frankreich:

Frankreich sollte ferner Maßnahmen treffen, um Hindernisse in anderen Sektoren, insbesondere im Gesundheitswesen, zu beseitigen. Der für den Zugang zu Gesundheitsberufen geltende „Numerus-clausus“-Grundsatz erschwert nach wie vor den Zugang zum Dienstleistungssektor und könnte überprüft werden, ohne dabei Qualität und Sicherheit zu gefährden.

 In Bezug auf Deutschland steht in einer ebenfalls am 13. Mai 2015 veröffentlichten Mitteilung der EU Kommission folgende Aussage:

… die länderspezifischen Empfehlungen 2015 [zielen] darauf ab, wettbewerbsfeindliche Regelungen und Markteintrittsschranken weiter abzubauen und sowohl den inländischen als auch den grenzüberschreitenden Wettbewerb zu stärken. Dies gilt zum Beispiel für folgende Länder: Deutschland, das zu den EU-Mitgliedstaaten zählt, in denen die Regulierung im Sektor der freiberuflichen Dienstleistungen dem Wettbewerb am wenigsten förderlich ist …

Die Bundesregierung, vertreten durch den Staatssekretär Herrn Matthias Machnig, gab zu diesem Vorgang im Deutschen Bundestag am 05. Juni 2015 (Seite 13) folgende Sachstandserläuterung ab:

Nach Auffassung der Europäischen Kommission nehmen feste Mindest- und Höchstpreise Dienstleistern die Möglichkeit, über den Preis oder die Qualität miteinander zu konkurrieren. In Mitgliedstaaten, in denen Anforderungen an Mindest- und Höchstpreise gelten, wird nach Auffassung der Europäischen Kommission eine Zweitniederlassung durch Berufsangehörige aus anderen Mitgliedstaaten somit in schwerwiegender Weise behindert.

Die Europäische Kommission beruft sich dabei auf Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe g und Absatz 3 der Richtlinie 2006/123/EG (Dienstleistungsrichtlinie), wonach solche Anforderungen nur dann beibehalten werden dürfen, wenn sie nichtdiskriminierend, erforderlich (d. h. durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt) und verhältnismäßig sind.

Aus Sicht der Bundesregierung erscheint die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens wegen der Gebührenordnungen für Steuerberater sowie für Architekten und Ingenieure möglich – unabhängig vom Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 5. Dezember 2006 (Rs. C 94/04 und C 202/04). Die Bedenken der Europäischen Kommission konnten im vorhergehenden EU-Pilotverfahren nicht ausgeräumt werden.

Die Gebührenordnung für Tierärzte hingegen wurde von der Europäischen Kommission in dem von der FAZ [vom 13.05.2015] angesprochenen Verfahren nicht ausdrücklich kritisiert.