BGH: Zur Ausübungskontrolle bei einem ehevertraglichen Verzicht auf den Versorgungsausgleich in einer Doppelverdienerehe von Freiberuflern

Das folgende Urteil betrifft einem Versorgungsausgleichstreitfall nach einer Scheidung bei Vorlage eines Ehevertrages zwischen zwei Freiberuflern. Der Ehemann ist Zahnarzt und beim Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin versichert. Die Ehefrau ist Physiotherapeutin.

Die Eheleute hatten kurz vor ihrer Hochzeit im Jahr 1994 einen notariell beurkundeten Ehevertrag geschlossen, in dem sie den Güterstand der Gütertrennung vereinbarten und den Versorgungsausgleich für den Fall der Scheidung ausschlossen. Die Ehe wurde im Jahr 2010 geschieden. Aus Gründen der Solidarität, die aufgrund der tatsächlichen Ehegestaltung entstanden sei, hat die Ehefrau im Scheidungsverfahren dennoch die Durchführung eines Versorgungsausgleichs beantragt. Der BGH hat diesen Anspruch letztendlich zurückgewiesen.

Wird im Ehevertrag die Gütertrennung und der Versorgungsausgleichausschluss vereinbart, so hat dies bei einer Scheidung in der Regel Bestand. Ausnahmen sind eher unwahrscheinlich. Maßstab ist hierbei unter anderem, ob einer der Partner ohne die Ehe deutlich besser dagestanden hätte.

Ansonsten führte der BGH aus:

Allerdings hat der Senat in der Vergangenheit mehrfach angedeutet, dass es in Fällen der Funktionsäquivalenz von Versorgungs- und Zugewinnausgleich besondere Sachverhaltskonstellationen geben könnte, in denen ein „Hinübergreifen“ auf das andere vermögensbezogene Ausgleichssystem im Rahmen der Ausübungskontrolle [des geschlossenen Ehevertrages] in Betracht gezogen werden kann…
Diese Überlegungen haben allerdings solche Fälle im Blick, in denen ein Haushalt führender Ehegatte, der zugunsten der Familienarbeit auf die Ausübung einer versorgungsbegründenden Erwerbstätigkeit verzichtet hat, im Falle der Scheidung im Versorgungsausgleich keine Kompensation für seine Nachteile beim Aufbau von Versorgungsvermögen erlangt, weil sein (selbständig) erwerbstätiger Ehegatte aufgrund seiner individuellen Vorsorgestrategie keine nennenswerten Versorgungsanrechte erworben, sondern seine Altersvorsorge bei vereinbarter Gütertrennung allein auf die Bildung von Privatvermögen gerichtet hat. In solchen Fällen kann es im Einzelfall geboten erscheinen, dem Haushalt führenden Ehegatten zum Ausgleich für die entgangenen Versorgungsanrechte einen (modifizierten) Zugewinnausgleich zu gewähren, der einerseits durch den zum Aufbau der entgangenen Versorgungsanrechte erforderlichen Betrag und andererseits durch die gesetzliche Höhe des Ausgleichsanspruchs beschränkt ist…

Ein solcher Sachverhalt lag hier aber nicht vor.